Theater schaffen heisst Räume schaffen
Suna Gürler inszeniert ehrlich und aufklärend für jung und alt – jetzt auch am Schauspielhaus Zürich.
Suna Gürler (33) ist Hausregisseurin am Schauspielhaus Zürich, inszeniert am Maxim-Gorki-Theater in Berlin und ist am Jungen Theater Basel tätig. «Flex» ist das Stück, mit dem sie sich dem Zürcher Publikum am Schauspielhaus vorgestellt hat. Hier stehen junge Frauen auf der Bühne und diskutieren offen darüber, was «Frau sein» bedeutet. Manchmal fühlt es sich an wie ein gemeinschaftlich rezitierter Poetryslam, andere Elemente erinnern wiederum ans Tanztheater. Suna selbst sagt: «Flex ist eigentlich wie ein Essay auf der Bühne.» Aktuell läuft ein weiteres Stück von Suna: «Greta», das einerseits eine Inszenierung fürs Schauspielhaus aber auch für Schweizer Schulen ist.
Die Schüler*innen wissen dabei nicht, dass der reguläre Unterricht plötzlich einem Theaterstück weichen wird. Dabei geht es um die Sichtweise der heutigen «Greta-Generation»: Darf ich selber streiken gehen, wenn meine Eltern doch regelmässig fliegen? Es fällt auf: Suna macht ein paar Dinge anders. Sie selbst sagt: «Es geht darum, Raum zu schaffen.»
«Jung» gibt’s nicht mehr
So ist es ihr beispielsweise ein wichtiges Anliegen die Jugendlichen zu ermächtigen. Der Zusatz «jung» als Eingrenzung der Adressat*innen wurde vom Schauspielhaus nun vor kurzem offiziell verabschiedet. Zu ihren Prinzipien zählt dabei auch bei jungem Publikum mit jungen Leuten zu arbeiten: «Nichts gegen erwachsene Spieler*innen. Aber ich glaube, wenn man junge Leute auf der Bühne repräsentieren kann, sollte man die Chance nutzen.» Sie selbst fand mit 13 Jahren zum Jungen Theater Basel. Dort erhielt sie unter der Leitung von Sebastian Nübling grosse Unterstützung und ist bis heute in seinen Stücken auf der Bühne zu sehen.
Selbst sieht sie sich jedoch mehr als Regisseurin und Theaterpädagogin. Klare Grenze gäbe es zwischen diesen Bezeichnungen jedoch nicht, stell Suna fest. Diese Mischung ist genau, was sie begeistert. Auf der einen Seite steht sie als Künstlerin im Fokus, auf der anderen geht es absolut um «die Anderen». Das bedeutet zum einen, den Druck von Budget und Erwartungshaltungen als «Person der Öffentlichkeit» zu jonglieren und zum anderen, sich der Förderung junger Menschen hinzugeben.
Ohne Studium erfolgreich
Hinzu kommt die Wechselhaftigkeit der Branche – alle paar Wochen beginnt die Projektentwicklung von vorne. Dass dies nicht immer einfach ist, gibt sie ohne Scheu zu. Auch als Theaterschaffende arbeitet sie daran, das «richtige Mass» zwischen «theoretisch grenzenloser Arbeit» und Privatleben zu finden. Ein Blick auf Sunas Werdegang zeigt, dass dieser keins wegs einer klassischen Laufbahn entspricht: Abgesehen von ein paar Semestern Germanistik und Soziologie hat sie kein klassisches Studium absolviert.
Der Wunsch nach einem Regiestudium war zwar vorhanden, aber nach einigen Versuchen gab Suna auf. Das hielt sie jedoch nicht vom Theaterschaffen ab. Sie machte einfach weiter, sodass sie inzwischen auf über 15 Jahre professionelles Arbeiten zurückblicken kann – mit der Unterstützung von Sebastian Nübling hat sie so quasi «Selbststudium» betrieben. Trotzdem empfiehlt sie jeder und jedem, ein Studium als Chance wahrzunehmen. «Aber ich bin eben auch ein Beispiel dafür, dass die Welt nicht untergeht, wenn es nicht gleich klappt, dass es eben auch andere Wege gibt.»