Graeber im überfüllten Zimmerchen an den Linken Hochschultagen. Nina Kunz

Occupy Linke Hochschultage

Der Occupy-Aktivist David Graeber* referierte an den Linken Hochschultagen, nachdem ihn Studierende an seinem gestrigen Vortrag am Gottlieb Duttweiler Institut spontan eingeladen hatten.

12. Oktober 2013

Das Gottlieb Duttweiler Institut verlangte für das Referat David Gaebers zu «Debt and the Future of Democracy» 120 Franken. Mit einer Legi zahlte man 30. Drei Studierende der Universität Zürich sprachen Graeber am «Networking-Apéro» nach der Veranstaltung auf die hohen Eintrittspreise an und wollten wissen, wie dies mit seinem Links-Aktivismus zu vereinbaren sei. Graeber war nicht bewusst, dass überhaupt Eintritt verlangt wurde. «Ich bin gratis aufgetreten, also habe ich angenommen, es koste nichts». Der überraschte Graeber willigte sogleich ein, an den Linken Hochschultagen zu sprechen.

Wie Occupy entstand

Heute Mittag gesellte sich der Professor zu den Studierenden in den Baracken oberhalb des Kunsthauses, wo die Linken Hochschultage stattfinden. Bereits beim Risotto-Zmittag diskutiert er mit Interessierten. «Ich hätte mich über die Eintrittspreise erkundigen sollen, ich hatte ja keine Ahnung», entschuldigt er sich. Bereits gestern Abend schrieb er auf Twitter «To everyone in Zurich: sorry about the crazy fee - didn't know - I'm doing a free event at 1 at the University tomorrow». Rund 60 Studierende folgen dem Aufruf via Sms der letzen Nacht und drängen sich in den kleinen Saal, der eigentlich nur für die Büchertische der verschiedenen politischen Gruppierungen gedacht sind. Die meisten sitzen auf dem Boden, Stühle hat es nur wenige. Graeber erklärt 40 Minuten lang, wie Occupy 2011 zu einer globalen Bewegung werden konnte und welche Rolle er dabei spielte. Eine Anekdote: Die Blockade der Wall Street mit über tausend Protestierenden am 15. Oktober bewirkte, dass ausländische Medien anreisten und vor Ort über die Geschehnisse berichteten. Als der New Yorker Polizist Tony Balloni dabei gefilmt wurde, wie er einer Demonstrierenden Pfefferspray ins Gesicht sprühte, löste dies in Amerika einen Skandal aus. Als die Aktivisten und Aktivistinnen die Aufnahmen sahen, zuckten sie die Schultern «Ah ja, Toni, der macht das schon seit Jahren.» Aber nun redeten sogar die republikanischen Senatoren darüber. Nach Graebers Einführung, interessieren die Anwesenden vor allem strategische Fragen. Die Diskussion dreht sich darum, wie politische Gruppierungen am effizientesten untereinander kommunizieren können und ob eine marxistische oder eine anarchistische Praxis zielführender seien. 10 Studierende debattieren nach der Veranstaltung eine weitere halbe Stunde mit Graeber bis dieser auf den Zug nach Deutschland muss.

*David Graeber bezeichnet sich selbst als Anarchist. Er lehrte in Yale von 1998 bis 2007 Ethnologie. Die Elite-Universität verlängerte aber kontroverserweise seinen Lehrauftag nicht. Zur Zeit unterrichtet der Professor an der London School of Economics. Er hat mehrere Bestseller geschrieben, sein grösster Erfolg ist das Buch «Schulden: Die ersten 5000 Jahre».