Verrucht oder heilig? ©Rizzoli Verlag, New York

Die Bibel der sexuellen Aufklärung

Bondage gilt als Tabuthema und ruft bei den Meisten negative Assoziationen hervor. Warum dem so ist und was wirklich dahinter steckt, erläutert Betony Vernons Sexualhandbuch «The Boudoir Bible».

10. Juni 2013

Anlässlich des Openhouse-Weekends vom 8. und 9. Juni fand in der Galerie Katz Contemporary ein Gespräch mit Betony Vernon über Bondage und Lustempfinden statt. Das Thema Bondage weckt nach wie vor negative Assoziationen. Vernons Sexualhandbuch «The Boudoir Bible» beleuchtet dieses Tabuthema und versucht, eine Brücke zwischen Erotik und Wissenschaft zu schlagen. In der Galerie werden in der Ausstellung «Bijin Ga – Bildnisse schöner Frauen» Fotografien und Holzschnitte von den Japanern Araki, Goyo und Yoshida zum Thema Bondage gezeigt. Ebenfalls ausgestellt sind Illustrationen des in Zürich lebenden Illustrators François Berthoud. Letzterer steuerte auch die Bilder zum genannten Buch hinzu, welche grossformatig in der Galerie bestaunt werden können. Die Ausstellung gab der Buchvernissage von «The Boudoir Bible» einen geeigneten Rahmen.

«Bondage und Spanking»

Insbesondere die Fotografien, die gefesselte asiatische Damen in ungewohnten Posen zeigen, lösen durch ihren freien Blick auf die entblössten Geschlechtsteile eine Abwehrhaltung hervor. Doch diese Haltung veränderte sich im Laufe des Gesprächs mit der Sexual-Anthropologin Betony Vernon. Durch das Charisma der Autorin und ihrer sinnlichen Aura lösten sich die Hemmungen der Besucher schnell in Luft auf.

Humorvoll erzählte Vernon von ihrem schnurrenden Kater, der eine Vorliebe für «Spanking» habe – der Ausdruck bezeichnet den Fetisch für sanfte Schläge im Bereich des unteren Rückens. Dabei erklärte sie, dass viele Nervenenden an den Berührungszonen zwischen Po und Bein zusammenlaufen und deshalb das Lustempfinden an dieser Stelle besonders intensiv ist.

Missinterpretation durch Tabuisierung

Vernon ist es wichtig, die Diskrepanzen in der Gesellschaft anzusprechen, welche Sexualität automatisch mit Pornografie oder Perversion in Verbindung bringt. Dies trotz der Tatsache, dass beim Bondage im ursprünglichen Sinne von «Kinbaku» (jap. für «straffes Festbinden») der mentale Prozess im Vordergrund steht. Vernon erläuterte diese Missinterpretation anhand der Gesichtsausdrücke der abgelichteten Frauen. Es sei weniger Schmerzempfinden, sondern mehr ein Trancezustand, welchen sie erleben würden.

Somit stünde weniger der Aspekt der sexuellen Befriedigung im Vordergrund, sondern eher die Fokussierung auf andere Reize des Lustempfindens. Der Verstand würde sich somit weniger auf die visuellen Reize konzentrieren, sondern mehr die Aufmerksamkeit auf das Erfahren in andere Dimensionen lenken. Dieser Prozess ist vergleichbar mit dem Zustand des Meditierens und somit auch mit dem In-sich-Kehren. Dieser kontextuelle Rahmen lässt die Werke in einem anderen, weniger befremdlichen Licht erscheinen.

Wandel angeführt durch die Modeindustrie

Vernon hat sich unter anderem durch Publikationen in der französischen Vogue, GQ und der New York Times einen Namen gemacht. Sie machte auf den Wandel und das steigende Interesse der Modeindustrie für Themen wie Bondage aufmerksam. Auch Materialien wie Fesseln und Latex würden immer mehr zur Inspirationsquelle vieler Designer und für Fotostrecken genutzt. «The Boudoir Bible» soll nicht als erotische Erzählung aufgefasst werden, sondern mehr als Wegbegleiter für Liebe mit all ihren Facetten des Lustempfindens.

Das Buch ist während der Ausstellung «Bijin Ga – Bildnisse schöner Frauen» erhältlich. Die Ausstellung kann noch bis zum 17. August 2013 besucht werden.

Was: Ausstellung «Bijin Ga - Bildnisse schöner Frauen»

Wo: Katz Contemporary, Talstrasse 83, 8001 Zürich

Freier Eintritt: Dienstag bis Freitag 11-18 Uhr

Weitere Informationen unter www.katzcontemporary.com