Die Kosten bleiben
Eine Motion der Alternativen Liste will die Frauenbadi kostenlos machen. Und stösst auf Gegenstimmen.
Seit ihrer Eröffnung im Jahr 1888, treffen sich Frauen aller Altersgruppen und Kulturkreise auf dem sonnigen Liegedeck der Frauenbadi. Das Bad am Zürcher Stadthausquai bietet einen Ort um zu flanieren, sich mit Freundinnen auszutauschen oder im Schwimmbecken ein paar Bahnen zu ziehen. Im Sommer ist es ein Raum der Begegnung, der Entspannung und vor allem ein sicherer Rückzugsort für weiblich gelesene Menschen. Die Gäste können sich, unabhängig von ihrer Kleidung, frei bewegen, ohne unangenehme Blicke, anzügliche Kommentare und abschätzige Bemerkungen fürchten zu müssen. Mit ihren einladenden Holzplanken, den roten Sonnenschirmen und der pittoresken Brücke, die über das Schwimmbecken führt, ist die Frauenbadi eine kleine Oase inmitten der Zürcher Innenstadt.
Das findet auch Tanja Maag, Co-Präsidentin der Alternativen Liste, einer Zürcher Kleinpartei, die im September 2024 die Motion «Kostenloser Eintritt für alle Frauen zum Frauenbad am Stadthausquai während den regulären Öffnungszeiten» im Gemeinderat lancierte. Auf Anfrage schreibt Maag: «Es ist eine Atmosphäre des unter sich seins. Frau kann einfach sein, ohne sich beobachtet oder bewertet zu fühlen. Die Lage des Bades ist speziell: Es setzt einen Kontrast, zur Strenge der umliegenden Gebäude.» Zudem sei das Frauenbad ein historischer Ort: «Nach der Aufhebung des Badeverbots für Frauen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatten die Zürcherinnen hier erstmals die Möglichkeit, ein Bad in einem öffentlichen Gewässer zu nehmen.»
Während das Männerbad am Schanzengraben sowie die Flussbäder Au-Höngg, Unterer und Oberer Letten bereits kostenlos zugänglich sind, kostet der Eintritt in die Frauenbadi acht Franken. Ziel der Motion sei der Erlass des Eintrittsgeldes für mehr Inklusivität. «Acht Franken für einen Eintritt sind für viele ein zu vernachlässigender Betrag, aber längst nicht für alle. Keine Frau soll dadurch von der Teilhabe am Frauenbad verhindert werden. Der Erlass des Eintritts kann ein Zeichen der Offenheit und Inklusion sein. Alle Frauen gehören an diesem Ort dazu», meint Maag.
Die Alternative Liste argumentiert, dass Bewegung, Ruhe und Entspannung die psychische und mentale Gesundheit unterstützen würden und der Erlass des Eintritts somit eine gesundheitsfördernde Maßnahme sei. Das historisch bedingte Argument des Sportamts, dass die Frauenbadi theoretisch kein Flussbad, sondern ein Seebad, und deshalb – wie die anderen Seebäder – gebührenpflichtig sei, halten sie für veraltet. Laut Maag und der Alternativen Liste gibt es «keinen nachvollziehbaren Grund, weshalb die Frauenbadi Eintritt kostet und alle anderen Flussbäder, insbesondere auch die Männerbadi, nicht».
«Der Erlass des Eintritts fürs Frauenbad kann ein Zeichen der Offenheit und Inklusion sein»
Die Motion wurde dem Stadtrat mit dem Auftrag übergeben, dem Gemeinderat eine kreditschaffende Vorlage auszuarbeiten, die das Vorhaben ermöglichen soll. Am 5. Februar dieses Jahres lehnte der Stadtrat die Motion jedoch ab und reichte sie dem Gemeinderat zurück. Die Sportförderungspraxis der Stadt sei bereits darauf ausgerichtet, Menschen mit bescheidenem finanziellem Hintergrund Zugang zu vergünstigten Sportangeboten zu bieten, begründet er. Der Erlös des Eintritts in das Frauenbad würde durch zunehmende Besucherinnenzahlen lediglich die Aufenthaltsqualität der Gäste verschlechtern und den Badetourismus zusätzlich anheizen. Der Gratiszugang sei somit eine ineffiziente Förderungsmassnahme, die das Einbüssen der jährlichen Gebühreneinnahmen von 330'000 Franken nicht rechtfertige. Dass die Männerbadi am Schanzengraben trotz Gratiszugang und hohen Besucherzahlen funktioniert, wird nicht erwähnt.
Besucherinnenströme liessen sich auch «anders als über den Preis organisieren», findet Maag. So könnten Besucherinnenzahlen in Echtzeit über die Webseite veröffentlich werden, damit sich Gäste Randzeiten für ihren Besuch aussuchen können. Dass der Stadtrat in erster Linie nicht auf den Umsatz verzichten möchte, den die Frauenbadi einbringt, um andere Projekte damit zu finanzieren, bleibt spekulativ. Denn wohin die Einnahmen hinfliessen, ist unklar. Nach der gescheiterten Motion bleibt die kostenlose Oase, die allen Frauen offensteht, erst einmal ein feministischer Traum. Der Gemeinderat muss nun darüber abstimmen, ob er die Motion zurückzieht oder sie erneut einreicht.