VSUZH zahlt Demonstrationskosten

Der VSUZH übernimmt die Prozesskosten für Studierende, die an der Palästina-Demonstration letzten Mai verzeigt wurden. Ein Blick ins Sitzungsprotokoll zeigt, dass der Entscheid kontrovers war.

10. April 2025

Der Rat des Verbands der Studierenden der Universität Zürich (VSUZH) hat sich nach einer hitzigen Diskussion im Rahmen der 96. Ratssitzung dazu entschieden, die Prozesskosten für Studierende zu übernehmen, die aufgrund ihrer Teilnahme an den Sitzstreiks am 7. Mai 2024 im ETH-Hauptgebäude mit rechtlichen Konsequenzen konfrontiert sind. Sie wurden von der Polizei abgeführt und die ETH hat 39 Strafanzeigen wegen Hausfriedensbruch erstattet – zehn davon betreffen Studierende der Universität Zürich. Anders als ursprünglich in einem Antrag gefordert, hat der Rat nach einem Änderungsantrag beschlossen, Geldbussen nicht zu übernehmen. Man beteiligt sich dafür aber in zwei Bereichen an den Rechtskosten. Zum einen übernimmt der VSUZH die bisherigen Verfahrenskosten der zehn Betroffenen im Wert von 7200 Franken. Zum anderen werden fünf Studierende, die gegen ihren Strafbefehl in Berufung gehen wollen, bei dieser «strategischen Prozessführung» mit je 1000 Franken unterstützt. ­Insgesamt zahlt der Rat somit eine Summe von 12’200 Franken an die Palästina-Protestierenden. ­Sébastian Margot, Co-Präsident des VSUZH, erklärt, der Verband sehe sich in der Verantwortung, sich für die betroffenen Studierenden einzusetzen: «Meinungsfreiheit und das Recht auf politische Partizipation sind zentrale demokratische Grundrechte, die auch an Hochschulen gewährleistet sein müssen.»

Progressiv oder Regelbruch?

Die Proteste standen im Zusammenhang mit der Bewegung «No Tech for Genocide», die sich gegen Kooperationen von Hochschulen mit israelischen Institutionen und Unternehmen richtet, die an völkerrechtswidrigen Handlungen beteiligt sind. Die VSUZH-Ratsfraktion ­Kritische Politik (KriPo), aus deren Reihen der Antrag kam, begrüsst den Entscheid. Antragsstellerin Meliha Alicusic sagt: «Wenn wir aufgrund von Polizeirepression nicht einmal die Möglichkeit haben, darüber zu reflektieren, dass unsere Universitäten statt ‹neutral zu sein› eigentlich einen Genozid unterstützen und legitimieren, dann können wir als Studierende und als Gesellschaft keine kritische und progressive Rolle einnehmen.» Völlig anders sah das laut dem provisorischen Sitzungsprotokoll hingegen Felix Ritzi von der Fraktion der Fachvereine Ökonomie und Informatik: «Wenn UZH-Studierende in ihrer Freizeit – auch wenn mit gutem Motiv – bewusst das Risiko eingehen, eine Strafanzeige für Hausfriedensbruch zu erfahren (…), ist das keine strategische Prozessführung, die im Interesse der allgemeinen UZH-Studierendenschaft ist.» Noch grundsätzlichere Bedenken meldete Kajsa Bornhauser von den Liberalen Ökologischen Studierenden (LÖS): «Ist dieser Antrag überhaupt statutenkonform?» Dabei ging es laut Protokoll um die Frage, ob das Bezahlen von Bussen überhaupt in die Kompetenzen des VSUZH fällt, und ob die Unterstützung der Protestierenden noch mit ihrem Studi-Alltag zu tun hat. Die Geschäftsprüfungskommission beantwortete die Frage schliesslich diplomatisch: «Unserer Ansicht nach befindet sich der Antrag in einem Graubereich.»

VSUZH und KriPo fordern Wandel

Es zeige sich aber auch nicht, dass der Antrag ganz klar statutenwidrig ist. Schliesslich blieb in der Diskussion auch unklar, ob die Pro­zesse, die der VSUZH nun mitfi­nanziert, vor Gericht überhaupt Erfolgschancen haben. Verschiedene Fraktionen erklärten, sie hätten rechtlichen Rat eingeholt, der wahlweise Aussichten auf Erfolg sieht oder nicht. Für Meliha Alicusic hingegen kann die finanzielle Unterstützung politisch aktiver Studierender auch als Teil einer Neuausrichtung des VSUZH gewertet werden: «Der VSUZH möchte seit etwa einem Jahr einen stärkeren bildungspolitischen Fokus setzen. Das begrüssen wir als KriPo natürlich sehr, denn in der Vergangenheit hat sich der VSUZH mehr um Partys, Vergnügen und Apéros gekümmert.» Der VSUZH-Vorstand erhofft sich derweil, dass die Unterstützung der betroffenen Studierenden zu einer grundsätzlichen Debatte über Meinungsfreiheit an Hochschulen führt. «Hochschulen sollten Orte des offenen Diskurses sein, an denen kritisches Denken und politische Partizipation nicht nur erlaubt, sondern gefördert werden», betont Margot. Die Repression gegen Proteste schade dem demokratischen Klima und schränke langfristig die politische Teilhabe von Studierenden ein. Durch die Finanzierung der Prozesskosten drücke der VSUZH Unterstützung für die studentischen Forderungen aus und setze ein Statement über die Rolle von Hochschulen in politischen Debatten.