Ende März veröffentlicht Lia Neff ihren Debütroman «Ein bisschen für immer». Lia Maria Neff ist 2000 in Zürich geboren. Sie studiert Kontrabass an der ZHdK und spielt in der Band «Caspar von Nebenan». Ihr Debütroman «Ein bisschen für immer».

«Meine Romanfigur ist nicht ich»

Lia Maria Neff und ihre Protagonistin Una spielen beide Kontrabass und haben ähnliches erlebt. Ein Gespräch über Autofiktion, Liebe und die Balance zwischen Musik und Schreiben.

Debora Baumann (Interview und Foto)
20. Februar 2025

Lia, dein erstes Buch heisst «Ein bisschen für immer». Wovon handelt es? 

Es geht um die junge Studentin Una, die sich zum zweiten Mal verliebt. Man könnte sagen, es ist eine Art Dreiecksgeschichte zwischen ihr, einer vergangenen und einer neuen Liebe. Una ist erstaunt darüber, dass die erste Liebe mit der zweiten nicht verschwindet. Im Gegenteil, sie wird wieder mit dieser konfrontiert und muss das Vergangene erneut verarbeiten. Neben diesen Zweifeln spielt auch ihre Familiengeschichte eine Rolle. Im Grunde handelt es sich um einen Ausschnitt aus dem Leben einer 22-Jährigen. Es passiert nicht wahnsinnig viel, dafür lebt es stark von der Sprache. 

Du studierst Musikpädagogik an der ZHdK mit Schwerpunkt klassische Musik und spielst Kontrabass. Eine zufällige Parallele zu Una?

Alles, was Una fühlt, habe ich in gewisser Weise auch schon gefühlt, wie viele andere junge Frauen da draussen vielleicht auch. Aber die Geschichte ist fiktiv. Die Ereignisse sind nicht genau so passiert, wie sie beschrieben sind. Auch die Liebesgeschichten entsprechen nicht meinen eigenen. Der Roman ist lediglich inspiriert von meiner eigenen Erfahrung. 

Hast du Angst davor, mit deiner Protagonistin Una verwechselt zu werden? 

Damit muss ich wohl rechnen. Gerade auch im Zusammenhang mit der Diskussion um kulturelle Aneignung schreiben heutzutage viele Autor*innen eng bei sich. Wir beschäftigen uns mit denselben Fragen: Was darf ich mir noch zumuten? Worüber darf ich schreiben? Oder genauer, über wen? Meiner Meinung nach sind das tatsächlich wichtige Fragen, aber momentan mute ich mir eine Antwort darauf noch nicht zu. Ich wusste aber, dass diese Gegenüberstellung kommen wird, als ich meiner Protagonistin ein Instrument in die Hand gab, das ich selbst spiele. Aber Una ist nicht ich. Ich hoffe, dass alle, die meinen Roman lesen, Realität und Fiktion nicht vermischen. 

Es ist schon eine intime Sache, einen Teil von sich dem Urteil der Öffentlichkeit zu überlassen. 

Ja, ich bin sehr nervös. Mein Vater war tatsächlich die erste Person, die die Geschichte überhaupt gelesen hat. Von ihm habe ich die Liebe zur Sprache und umso wichtiger war es mir, dass es ihm gefällt. Das tat es zum Glück auch. Generell waren die ersten Rückmeldungen aus meinem Umfeld positiv. Aber bisher haben es nur meine engsten Vertrauten gelesen. Ich denke, niemand von ihnen würde mir da direkt sagen, dass es bloss «okay» ist. Auf das Urteil ausserhalb meines Umfelds bin ich deshalb gespannt. 

Was hat dich inspiriert, dieses Buch zu schreiben? 

Ich mochte es schon immer, zu schreiben. Bereits mit zehn Jahren habe ich meinen ersten Roman geschrieben, auch wenn der nicht ganz ernst zu nehmen ist. Irgendwann ging es aber nicht mehr nur darum, ein Buch zu schreiben, sondern ums Schreiben an sich. Also habe ich verschiedene Texte gesammelt, um daraus etwas Grösseres zu machen. 2021 habe ich beschlossen, ein Buch-Coaching bei Franz Kasperski, einem Schreibcoach, zu besuchen, weil ich in meinem Musikstudium keine literarische Ansprechperson hatte. Mindestens 70 A4-Seiten musste ich dafür abliefern. Ich brauchte ein Jahr. Ein glücklicher Unglücksfall war, dass ich mir damals den Arm gebrochen habe und nicht mehr Kontrabass spielen konnte. So hatte ich Zeit zum Schreiben. 

Wie ging es dann weiter? 

Mit dem fertigen Manuskript vermittelte mich mein Coach an Katharina Altas von der Agentur Altas, was für mich schon unglaublich war. Sie kontaktierte Verlage, doch zuerst kamen nur Absagen. Trotzdem gaben mir einige Verlage wertvolles Feedback, aufgrund dessen ich das Manuskript noch einmal überarbeitet habe. Schliesslich kam der Vertrag mit dem Atlantis Verlag zustande. Da ich keinerlei Erfahrungen in der Literaturbranche besass, hatte ich keine Erwartungen und wurde daher hauptsächlich positiv überrascht. Das einzig Negative ist, dass man mit Büchern allein nicht gerade viel verdient, wenn man nicht gleich zehntausende Exemplare verkauft. Wie in der Musik kommt man wahrscheinlich mit Auftritten durch. Lesungen sind bei mir zwar noch nicht fix geplant, aber ich würde bei Auftritten gerne Musik und Literatur verbinden. 

Wird dich das Thema Beziehungen auch in zukünftigen Projekten beschäftigen? 

Auf jeden Fall. Aber nicht nur die frischen, sondern auch die über Jahre entstehenden Muster. Vor allem zwischen Männern und Frauen. Ich habe das Gefühl, wir reden oft aneinander vorbei, da viele sich so sehr mit dem Mann- oder Frausein identifizieren. Ich glaube, die beiden Perspektiven prallen oft aufeinander. Besonders mit der Orientierungslosigkeit, die Männer heute zum Teil empfinden. Als Frau denke ich mir oft: «Reisst euch zusammen!» Einerseits finde ich, es ist nicht meine oder unsere Aufgabe als Frauen, die Männer aufzupäppeln. Aber andererseits wäre es auch ein Fehler, sie zu ignorieren. Solchen Gedanken will ich gerne auf die Spur gehen. Noch steht aber alles am Anfang.

Lia Maria Neff ist 2000 in Zürich geboren. Sie studiert Kontrabass an der ZHdK und spielt in der Band «Caspar von Nebenan». Ihr Debütroman «Ein bisschen für immer» erscheint am 20. März im Atlantis Verlag.