Die Uni und ihr nobles Versprechen

Alle mit den nötigen Voraussetzungen sollen studieren können, findet die Uni Zürich. Doch mit der geplanten Erhöhung der Studiengebühren droht die soziale Ungleichheit zuzunehmen. Der VSUZH nimmt Stellung.

Melissa Berliat (Interview) und Adam Burri (Illustration)
20. Februar 2025

Im Rahmen des Sparprogramms des Bundes wurde der Gaillard-Bericht veröffentlicht, der eine Erhöhung der Studiengebühren vorsieht. Wie steht ihr zu den geplanten Sparmassnahmen des Bundes im Bildungsbereich?

Dominic: Wir lehnen sowohl die Verdoppelung der Studiengebühren für inländische als auch die Vervierfachung für ausländische Studierende ab. Wir finden es nicht richtig, dass bei der Bildung gespart werden soll. Eine Verdopplung der Studiengebühren wäre für Studis mit wenig Geld einschneidend. Die Studienfinanzierung war beispielsweise für mich schon immer ein schwieriges Thema. Ich musste von Beginn an mein Budget selbst planen und habe nach der Matura erstmal ein Jahr gearbeitet. Trotzdem war ich dann auf ein Stipendium angewiesen.

Ladina: Der VSUZH war auch schon im Juni, als die Gebühren an der ETH erhöht wurden, schockiert. Auch in der bildungspolitischen Kommission stand damals die Frage im Raum, wie sich die Situation wohl auf die Uni Zürich auswirken könnte. Jetzt haben wir den Bericht auf dem Tisch. Das Problem dabei: Es ist nur ein Vorschlag und es bleiben noch viele Fragen offen.

Glaubt ihr, dass die Erhöhung der Studiengebühren langfristig die soziale Ungleichheit vergrössern könnte?

Ladina: Definitiv. Im Gaillard-Bericht wird die Erhöhung der Studiengebühren damit begründet, dass die Studiengebühren im Vergleich zu den restlichen Lebenserhaltungskosten eine untergeordnete Rolle spielen dürften – eine sehr privilegierte Perspektive. Für Personen aus ärmeren Verhältnissen spielen die Studiengebühren keine untergeordnete Rolle. Man überlegt sich ein Studium sicher dreimal.

Dominic: Die Uni sollte ein Ort sein, an dem Menschen unabhängig von ihrer Herkunft Zugang zu akademischer Bildung und sozialer Mobilität erhalten.

Auch im Bereich der Mobilität sieht die Kommission Massnahmen wie die Erhöhung der Nutzer*innenfinanzierung vor.

Dominic: Genau. Man möchte die Beiträge für Auslandssemester senken. Das heisst Mehrkosten für Studierende von über 33 Mio. Franken bis ins Jahr 2030. Gleichzeitig ist dieser Betrag lediglich ein kleiner Bruchteil des Sparplans des Bundes. Ich frage mich schon, wie das Kosten-Nutzen-Verhältnis dann aussieht.

Ist es denn wirklich nötig, dass Studierende einen Austausch machen können?

Ladina: Auf jeden Fall. Nur durch Mobilität und internationalen Austausch können wir unsere Unabhängigkeit in Bezug auf Forschung garantieren. Gerade im Bereich der Forschung, in dem wir bereits auf einige Beiträge verzichten müssen, findet der Austausch nicht mehr so rege statt. Internationale Erfahrungen fördern zudem das Verständnis für andere Kulturen und Perspektiven, was in einer globalisierten Welt sowohl für die wissenschaftliche Zusammenarbeit als auch für den gesellschaftlichen Zusammenhalt von grosser Bedeutung ist.

Die Uni erklärte gegenüber der ZS, es sei ein Selbstverständnis, allen ein Studium zu ermöglichen. Kann die Uni dieses Versprechen halten?

Dominic: Das ist doch schon heute nicht so. Ich zweifle daran, dass sich die Unileitung in Studierende hineinversetzen kann, die stark auf ihr Budget achten müssen.

Ladina: Auch wenn sich Angehörige der Unileitung in ihrer Studienzeit Gedanken um ihre Finanzen machen mussten, so ist dies schon einige Jahre her. Mit zunehmendem Abstand ändert sich oft die Perspektive auf solche Erfahrungen. Das Versprechen der Uni finde ich nobel. Ich glaube ihnen, dass sie allen ein Studium ermöglichen wollen, frage mich allerdings, wie realistisch dies umgesetzt wird.

Sind Gespräche mit der Unileitung zu diesem Thema geplant?

Dominic: Das Problem ist, dass zurzeit noch nicht einmal eine nationale Entscheidung vorliegt. Wir werden trotzdem proaktiv auf die Unileitung zugehen und klären, wie sie ihr Versprechen umsetzen möchte.

Ladina: Genau. Unsere Aufgabe als VSUZH sehe ich darin, die Universitätsleitung an ihr Versprechen zu erinnern und in unseren Kommissionen einen noch stärkeren Fokus auf die sozialen Ungerechtigkeiten zu legen, die auf uns zukommen.

Was plant ihr zu tun, sollte die Gebührenerhöhung durchgesetzt werden?

Dominic: Die Umsetzung der Massnahmen kommt frühestens im Jahr 2026. Unsere Aufgabe wird es sein, die Studis zu unterstützen, wenn sie Stipendienanträge stellen wollen. Nach meinen Erfahrungen ist es ein riesiger Dschungel, in dem man sich erstmal einen Überblick verschaffen muss.

Ladina: Es gibt an der Uni auch eine Abteilung für Studienfinanzierung. Ich denke, es liegt in deren Verantwortung, proaktiver auf sich aufmerksam zu machen – am besten schon vor Beginn des Studiums.

Dominic Tobler (Co-Präsident) und Ladina Bischof (Kommunikationsbeauftragte) sind Vorstandsmitglieder des VSUZH.