Im Backstage bereiten sich Lost in Lona auf ihr bevorstehendes Konzert vor.

Sound aus der Badewanne

Melancholisch, warm und intim – so klingt das erste Album des Indie-Folk-Duos Lost in Lona. Unsere Autorin hat Lidia Beck und Konstantin Aebli die letzten Stunden vor ihrer Releaseshow in der Kaserne Basel begleitet.

Henriette Lahrmann (Text und Foto)
5. Dezember 2024

«Lost in Lona» steht schwarz auf weiss eingerahmt an der Tür. Dahinter sitzen Lidia Beck und Konstantin Aebli zusammen mit ihren Bandkolleg*innen Catherine Tang und Luca Glausen. Catherine unterstützt das Duo bei Livekonzerten am Keyboard und Luca am Schlagzeug. Es ist ein heller Backstageraum. «Ja, ich habe mir Tee mitgebracht, cause I'm a singer», singt Lidia, die sich als Li vorstellt, während sie sich Tee aus ihrer Thermoskanne einschenkt. Gegenüber sitzt Konstantin, der von allen Konni genannt wird. Mit einem Feuerzeug öffnet er sich gekonnt eine Mateflasche. Heute ist Li und Konnis grosser Tag: Am Abend spielen sie ihr selbstproduziertes Debütalbum das erste Mal live vor Publikum in der Kaserne in Basel. Ein paar neue, noch unveröffentlichte Lieder sollen auch dabei sein. 

Es begann als Maturprojekt 

Melancholisch, warm und intim, so beschreibt das Indie-Folk-Duo seine Musik. Lost in Lona ist melancholische Begleiter*in, die in diesen tristen Tagen dazu einlädt, innezuhalten. Die Lieder lassen in Erinnerungen schwelgen, vermissen und zweifeln, aber auch neue Hoffnung schöpfen und Verbundenheit fühlen. «I'm working late, cause I'm a singer»: Li hat noch immer einen Ohrwurm, Konni macht das Lied von Sabrina Carpenter auf seinem Laptop an, damit sie es aus dem Kopf bekommt. Ihm gefällt es aber nicht besonders. Lieber hört er Billy Martin, Flyt, Radiohead und elektronische Musik. Die Lieblingsmusikerin von Li ist Lizzy McAlpine. Li klappt ihren Laptop auf, der mit bunten Glitzersteinchen beklebt ist. Die Gästeliste steht noch nicht und sie müssen besprechen, wie sie später das Merch anpreisen wollen.

 Li und Konni kennen sich aus der Schulzeit in Basel. Das erste Mal aufeinandergetroffen sind sie 2015 bei ihrem Schulmusical. Später haben sie zusammen für ein Maturaprojekt zwei Lieder aufgenommen, die dann auch auf Spotifyerschienen sind. Schon während des Gymnasiums nahm Li Gesangsstunden. «Ab da habe ich eigentlich immer gesungen und nicht mehr geredet». Konni lernte währenddessen, Perkussion und Schlagzeug zu spielen. Später zogen beide für das Studium nach Zürich, Konni für Pop Drums und Li für Jazz Vocals. 

Soundcheck, Raucherpause, los! 

«I lost you on purpose, you didn't deserve this», singt Li mit klarer Stimme. Sie steht allein auf der Bühne. Die Scheinwerfer strahlen ihre Lichtkegel um sie und sie stimmt das nächste Lied an. Noch ist die Halle leer, nur die Techniker vom Soundcheck stehen hinter ihrem Pult. «Ist gut?» – «Ja», sie ist mit dem Soundcheck fertig. «We drank too much, I lied about stuff», Konni wechselt von der Akustik- zur E-Gitarre. Er steht zwei Schritte hinter seinem Mikrofon, sein Fuss wippt im Takt. Neben ihm singt Li, mit festem Stand am Mikrofon, und schwingt leicht mit ihrer Hüfte zur Musik. 

Danach: Raucherpause. Apache aus Lautsprecherboxen, verzerrte Ausrufe der Fahrgeschäfte und Kindergeschrei - die Geräuschkulisse der Herbstmesse, die gerade stattfindet. Die Band beschliesst, vor dem Konzert zu viert noch eine Runde auf der Achterbahn Katz&Maus zu fahren. Konni raucht selbstgedrehte Zigaretten, Li gar keine. Es schone nicht nur ihre Stimme, sondern «ist auch so gut». Seit eineinhalb Wochen verzichtet sie zur Vorbereitung auf das Konzert auf Alkohol und passt besonders gut auf sich auf. Zurück im Backstage muss Konni noch seine Setlist zu Ende schreiben. Zusammen mit Catherine geht er an der E-Gitarre noch ein paar Töne durch. Die Lieder für Lost in Lona entstehen am häufigsten bei Li oder Konni auf dem Sofa. Gerne spielen sie im heimischen Badezimmer, dort hätten sie die beste Soundkulisse. «Ich liebe es, zu baden», sagt Li. So sei auch ihr Albumcover entstanden, auf dem ihre ausgestreckten Füsse aus der Badewanne ragen. 

Wenn sie beide mit ihrer Akustikgitarre zusammen sitzen und Konni anfängt, eine Melodie zu spielen, schreibt Li die Liedtexte dazu. Inhaltlich drehen sich ihre Lieder viel um Trennungen, Einsamkeit und Unsicherheiten, aber auch Beziehungen, Selbstwertgefühle und Stärke. Es sind Themen, die beide in ihrem Leben beschäftigen, die konkreten Beispiele sind aber aus Lis Leben. «Ich nehme bewusst so wenig Einfluss wie möglich auf die Lyrics, damit es so authentisch wie möglich bleibt», sagt Konni. Ideen bringt er natürlich trotzdem mit ein.

Nächster Gig in der Martinskirche 

Beide empfinden es als Privileg, dass es ihnen in ihrer Blase möglich ist, so intensiv persönliche Themen zu reflektieren und Raum zu geben. Sie beobachten, dass ihre Generation ganz anders mit Emotionen umgeht als ihre Eltern. Dadurch verändern sich Beziehungen und möglicherweise auch Beziehungsmodelle. Auch das findet sich in ihren Liedern wieder. Noch ein letztes Einsingen im Treppenhaus, Li singt ihr neues Lied «Killer », Konni begleitet sie pfeifend. Lis Augen sind geschlossen, ihre Hände fassen die Griffe auf der imaginären Gitarre nach. Catherine und Luca gesellen sich dazu. Jetzt singen sie alle zu viert, dabei ziehen sie die Silben in die Länge und nehmen unterschiedliche Tonhöhen ein. «Damit können wir gleich in die Martinskirche», sagt Konni. 

Zurück im Backstage zieht sich die Band um, im Kopf zählen alle bis 45, es wird ganz ruhig. Die Kaserne ist voll, allein 200 Tickets kommen aus dem Vorverkauf, die Stimmung ist euphorisch – funkelnde Augen bei Lost in Lona. Nach dem Konzert wird die Schlange vor dem Merchstand gar nicht mehr kürzer. Li möchte am liebsten mit allen aus dem Publikum einzeln anstossen. Andersherum wünschen sich das auch ihre Fans aus New York, dort warten viele Hörer*innen schon sehnsüchtig auf ein Konzert.