Zürcher Gemeinschaftszentren; Sie Sexarbeiterin, er guter Klient
Zürcher Gemeinschaftszentren
Die Bäume verlieren allmählich ihre Blätter und die Gartenbeizen gehen in den Winterschlaf. Um früh gegen die winterliche Melancholie vorzugehen, habe ich mich auf die Suche nach neuen Treffpunkten gemacht. Fündig wurde ich bei einer Internetreise, die mich schlussendlich da hin gebracht hat, wo ich es am wenigsten erwartet hätte: vor meine eigene Haustür. Die charakteristischen, von Bäumen umgebenen Gebäude der Zürcher Gemeinschaftszentren, bekannt als GZ, sind uns allen ein Begriff. Verteilt an 17 Standorten prägen sie das Stadtbild. Zu verfehlen sind sie kaum, doch die wenigsten wissen, dass sie auch für Erwachsene ein reiches Angebot bieten: Vom einfachen Gastroangebot zum arabischen Sprachtreff, vom Aktzeichnen zur Velowerkstatt, vom Salsa-Tanzkurs zu Quartierführungen. Bereits seit 1954 sind die GZ ein Teil des Zürcher Gemeinschaftswesens und werden durch das Engagement vieler Personen weiter getragen. Das Ziel ist nach wie vor das gleiche: «Mit kleinen, überschaubaren Räumen und Plätzen dem Bedürfnis des Menschen nach Geborgenheit gerecht zu werden». Genau das Richtige für einen gemütlichen Herbst, ohne immer in den eigenen vier Wänden zu verbleiben. (jj)
Sie Sexarbeiterin, er guter Klient
«Anora», der neueste Film von Sean Baker, wurde dieses Jahr in Cannes mit der Goldenen Palme ausgezeichnet und am diesjährigen ZFF gezeigt. Die Hauptrolle der Anora spielt Mikey Madison: Für die Darstellung lernte sie nicht nur erotisch zu tanzen, sondern auch Russisch. An ihrer Seite steht Mark Edelstein, der Ivan, Sohn eines russischen Oligarchen, spielt. Sie lernen sich auf Anoras Arbeit kennen: sie Sexarbeiterin, er ein guter Klient. Ihre professionelle Beziehung scheint sich zu wandeln, als sie in Las Vegas heiraten – doch das Glück hält nicht lange. Der Film bewegt sich zwischen Gewalt und Sexualität, ohne das Publikum wirklich an die Figuren heranzulassen. Anora und Ivan bleiben bis zum Schluss distanziert und unzugänglich. Baker schafft zusätzlich Distanz durch zynische Punchlines und Actionszenen, in denen Emotionalität erwartet, aber echte Verletzlichkeit selten gezeigt wird. «Anora» ist schnelllebig und intensiv, voller Konflikte, Rausch, Sex und Tanz. Dabei treten die Machtverhältnisse zwischen Geschlechtern und sozialen Klassen deutlich hervor. Die ständige Anspannung und die zynischen Witze hinterlassen ein unbehagliches Gefühl, das eine*n nie wirklich im Kinositz entspannen lässt. (adi)