Auf Vaters Fersen
«Gibt es ignorante Mörder? Fühlen sich all die Menschen, die ohne Absicht jemanden getötet haben, ein Leben lang schuldig?» Solche Fragen stellt Zora del Buono in ihrem neuen Roman «Seinetwegen», der diesen Sommer erschienen ist.
Es handelt sich dabei um ein autofiktionales Buch, in dem del Buono in der Ich-Perspektive von ihrer Recherche über den Tod ihres Vaters und der Suche nach dessen Verursacher*in erzählt. Er kam, als sie gerade mal acht Monate alt war, bei einem Autounfall ums Leben. Del Buonos Buch behandelt den Umgang mit dem Tod und der Trauer, aber auch die Geschichte der Homosexualität, der Fremdenfeindlichkeit und des Sexismus in der Schweiz der 1960er und 1970er Jahre. Beim Lesen fallen die kurzen Sätze auf: Sie wirken wie Gesprochenes. Del Buono schreibt in vielen Absätzen, die manchmal nur aus einem einzelnen Satz bestehen. Das verleiht den Worten eine gewisse Schwere. Für ihre Nachforschung reist del Buono quer durch die Schweiz, spricht mit dem Kantonsgericht St. Gallen und der Wirtin eines Gasthofs am Walensee. Prisenweise berichtet sie von ihrer Jugend in Zürich und den Ferien bei der Nonna, und verflickt dies mit Statistiken zu Verkehrsunfällen. Schweizerdeutsche Ausdrücke im Dialog verleihen dem Roman Witz, knappe Passagen über Uhus und Waldkäuze oder Begriffserklärungen aus dem Duden durchtrennen den roten Faden und sorgen für Spannung. Als Leser*in fragt man sich ständig, was als nächstes erzählt wird.