Mehr Ferien an der ETH?
Hochschulpolitik — Ein neues Projekt der ETH wird das Prüfungswesen der Hochschule grundlegend umstrukturieren. Dabei geht es auch um die psychische Gesundheit der Studierenden.
Während Studierende der Uni Zürich ihren Sommer mit eigenen Plänen füllen, tun ihre Kolleg*innen an der ETH in dieser Zeit vor allem eines: Lernen. Die berüchtigten Prüfungen beginnen im Gegensatz zu anderen Hochschulen erst Monate nach Ende des Semesters. Die Zwischenzeit soll zum Lernen genutzt werden.
Nach den Prüfungen beginnt dann gleich das Semester. Das akademische Jahr füllt also etwa fünfzig Wochen. Viel freie Zeit bleibt nicht. Schon während dem Semester ist das Studium fordernd, durch die lange Lernphase ist Erholung rar. Umfragen unter Studierenden bestätigen die hohe psychische Belastung. Abhilfe schaffen soll nun das Projekt "Prüfungen und Akademischer Kalender an der ETH (Paketh)", angestossen von Rektor Günther Dissertori. Ziel ist eine grundsätzliche Reform des akademischen Kalenders und Prüfungswesens ab 2027. Die Lernphase wird gekürzt, indem die Prüfungsphase schon zwei bis drei Wochen nach Semesterende beginnt. So gibt es eine längere Sommerpause, analog zu der anderer Universitäten. Zudem soll das komplizierte Prüfungssystem vereinfacht werden, unter anderem durch das Abschaffen von Prüfungsblöcken.
Dieter Wüest, Projektleiter von Paketh, ist überrascht von der bisher enorm positiven Reaktion. Schulleitung, Departemente und Studierende seien sich einig: Es braucht Veränderung. Bis im Sommer soll das Konzept fertig sein, dann geht es zu den Departementen und Hochschulgruppen in die Vernehmlassung. Wüest ist es wichtig, dass die Studierenden mitreden dürfen, statt vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden. Der VSETH ist in jeder der Teilprojektgruppen vertreten und gibt dem Rektor monatlich Feedback. Den definitiven Entscheid fällt aber die Schulleitung.
Andere Unis schaffen es auch
Laut Sophie Schulz, Vorstandsmitglied des VSETH, ist die Zusammenarbeit bisher produktiv. Die Bedürfnisse der Studierenden würden wahrgenommen und miteinbezogen. Der VSETH sei, abgesehen von wenigen kleinen Kritikpunkten, sehr dankbar für die Repräsentation. Auch Wüest ist glücklich über die Zusammenarbeit mit den Studierenden. Gewisse Widerstände bleiben aber. Einerseits fürchten viele Studierende, bei einer kürzeren Lernphase mit dem Inhalt des Studiums nicht mehr nachzukommen. So würde sich der Stress einfach verlagern. Andererseits könnte bei einer Verkürzung des Stoffes die Qualität des Studiums leiden. Wüest geht davon aus, dass die Erhaltung des Standards mit einer gewissen Optimierung des Unterrichts auch bei einem kürzeren akademischen Jahr möglich ist: «Wenn wir in der Welt herumschauen, sehen wir, dass alle Universitäten, auch die ganz guten, ein verkürztes akademisches Jahr haben. Wenn das andere auf höchstem Niveau können, muss die ETH das auch schaffen.»