Editorial #1/24

Editorial

25. Februar 2024

Intelligent — Letztes Jahr wurde die  «Swiss AI»-Initiative lanciert, bald nimmt der Supercomputer «Alps» seinen Betrieb auf und in Heilbronn soll ein ETH-Zentrum für Digitalisierung entstehen: Das Polytechnikum macht ernst mit der KI-Forschung. «Wir wollen das Feld nicht den USA überlassen», meint ETH-Ratspräsident Michael Hengartner im grossen ZS-Interview (Seiten 14-15). Die Schweiz soll es besser machen, verantwortungsvoller. Doch wie soll das gehen, wenn nationale KI-Regulierungen auf sich warten lassen und autoritäre Staaten die öffentlichen Forschungsergebnisse missbrauchen können? «Es ist eine Zwickmühle», gibt Hengartner zu. ETH-intern setzt er auf Diskussionen und die Selbstverantwortung. Und Swissness: «Ich mache mir wenig Sorgen, dass jemand etwas Verrücktes an einer Schweizer Uni macht».

Schneller als KI-Regulierungen sind auch die Studierenden. Gemäss einer nicht-repräsentativen Umfrage der ZS benutzt mehr als die Hälfte KI-Tools im Studium. Unsere Hintergrundrecherche (Seiten 12-13) zeigt auf, dass mehrere Uni-Fakultäten aber weder Kurse noch Richtlinien für den Umgang mit KI haben. Es ist also bisher noch Glückssache, ob man im Studium einen kritischen Umgang mit den Tools lernt. Die ETH hingegen ist schon weiter: Sie hat für ihre Studierenden den eigenen Chatbot «Ethel» entwickelt, der beim Lernen unterstützen soll.

Analoge Abwechslung vom KI-Gerede bietet der Kulturteil der Ausgabe. Die japanische Schriftstellerin Sayaka Murata ist in Zürich zu Gast und erzählt, wieso sie sich als Kind wie in einer Menschenfabrik fühlte und wie dieses Gefühl ihre Erzählungen beeinflusst (Seite 22). Zum tief Durchatmen nehmen wir euch in einen Zürcher Social Club mit, wo man im Rahmen einer Studie legal kiffen darf (Seite 19). Und in unserer neuen Rubrik «Ich war noch niemals in ...» könnt ihr durch das Maschinenlabor der ETH irren und eine futuristische Dachterrasse finden (Seite 17).

Wir sind überzeugt: In Zukunft kann KI zwar ganze Seminararbeiten verfassen, doch die kritische Auseinandersetzung bleibt uns überlassen.

Für die Redaktion,

Anahí Frank und Kai Vogt