Die ETH untersagte die Kundgebung des «Funken» auf der Polyterasse. Bild: Wikimedia Commons

«Der Funke» hat an Uni und ETH nichts verloren

Kommentar — Die marxistische Gruppierung «Der Funke» solidarisiert sich mit Terroristen. Sie hat moralisch und intellektuell versagt.

24. Oktober 2023

Auf dem Plakat sind schwarze Silhouetten abgebildet, sie stehen dicht beieinander, auf ihren Schultern tragen sie Gewehre. Eine Figur in der Mitte hält prominent die palästinensische Flagge hoch. Darüber der Text: «Solidarität mit Palästina. Intifada bis zum Sieg». Dieses Plakat wurde nur wenige Tage nach dem Hamas-Angriff auf Israel an der Universität Zürich aufgehängt. Das Plakat machte auf eine Veranstaltung der marxistischen Gruppierung «Der Funke» aufmerksam. Diese organisierte dazu eine Kundgebung und Diskussion mit dem Titel: «Was können Kommunisten tun um Palästina zu befreien?»

Die Reaktion kam schnell und scharf: Universität und ETH verboten die Veranstaltung, die Polizei patrouillierte auf der Polyterrasse, wo die Versammlung geplant war, und die Uni bekräftigte ihre Haltung in einem Statement, sie toleriere keinen Aufruf zur Gewalt.

Der Aufruf zur Solidarität mit Palästina ist perfide. Der «Funke» fordert den «Sieg» und solidarisiert sich mit dem «Befreiungskampf». Aber der einzige organisierte Kampf vonseiten Palästinas geht von der Hamas aus. Die Hamas begeht Kriegsverbrechen, nimmt Geiseln, massakriert Menschen. Wer diesen Befreiungskampf und den «Sieg Palästinas» will, der will den Sieg der Hamas.

Antisemitische Organisationen

Die Hamas und ihr Kampf sind dezidiert antisemitisch. In ihrer Gründungscharta ist festgehalten, dass jüdisches Leben vernichtet werden muss, wobei sie sich auf Verschwörungstheorien wie dem «Protokoll der Weisen aus Zion» bezieht, das die Pläne jüdischer Weltverschwörer wiederzugeben behauptet. Zudem sind sehr viele Pro-Palästina-Bewegungen antisemitisch: Das syrisch-palästinensische «Free Palestine Movement» finanziert offen Selbstmordattentate gegen Jüd*innen, die «Popular Front for the Liberation of Palestine» fordert die Vertreibung von Jüd*innen. Das Gefangenenhilfswerk Samidoun unterstützt inhaftierte Terroristen, und auf ihren Kundgebungen werden Slogans gesungen wie «From the river to the sea, Palestine will be free». Damit werden die territorialen Grenzen eines palästinensischen Nationalstaates besungen – einschliesslich des israelischen Gebiets. Und die Hamas will einen totalen Krieg gegen die Jüd*innen. Wer also nach einem Angriff der Hamas den «Sieg» fordert, bekräftigt den Antisemitismus oder ist antisemitisch.  

Vor diesem Hintergrund ruft der «Funke» zum «Sieg» auf. Weitere Kundgebungen an Schweizer Universitäten sind geplant und der Ausdruck «Intifada bis zum Sieg» wird weiterhin verwendet. Der «Funke» benützt zudem gewaltverherrlichende Bilder und Begriffe: Auf den Plakaten sind die Figuren bewaffnet; in den Texten schreibt die Gruppierung vom «Rekrutieren» von «Genossen». Auf den Bildern der Räumlichkeiten vom «Funke» erkennt man Fotos von Trotzki. Der sowjetische Volkskommissar für Militärwesen führte persönlich die Todesstrafe wieder ein und liess Tausende von Menschen umbringen.

In seiner Stellungsnahme zum Veranstaltungsverbot schreibt der «Funke»: «Unsere Unterschiede zur Hamas sind grundlegend. Aber sie sind nicht annähernd so grundlegend wie die Unterschiede, die uns vom US-Imperialismus (..) und (...) der israelischen herrschenden Klasse trennen». Das ist keine wirkliche Verurteilung der Ziele der Hamas. Der «Funke» verteidigt seine Haltung, indem er schreibt, die Stimme der Unterdrückten zu sein: «In jedem Kampf werden wir immer auf der Seite der armen unterdrückten Menschen stehen, niemals auf der Seite der [...] Unterdrücker». Was ist das denn für ein Schwachsinn? Nachfolgeparteien von Faschisten sind auch verboten, und werden dadurch ja „unterdrückt“ - heisst das, dass der «Funke» aus Prinzip auch auf der Seite von solchen Organisationen steht?

Auf die scharfe mediale Kritik zur Plakat-Aktion meint der «Funke», dies sei nicht mehr als «der verzweifelte Versuch (...) den israelischen Imperialismus zu rechtfertigen (...) und jede Diskussion über die israelische Aggression und die Besetzung Palästinas zu unterbinden. (...) Das sind dieselben Medien, die jahrzehntelang weggesehen haben bei all den Gräueltaten des westlichen und israelischen Imperialismus im Nahen Osten».

Letzteres ist falsch: Zuletzt im April dieses Jahres etwa, wurde in vielen Medien über die neuen Siedlungspläne Israels berichtet und Kritik geübt. Die israelische Regierung genehmigte dabei über 4000 neue israelische Wohneinheiten im besetzten Westjordanland, was selbst UNO- Generalsekretär António Guterres als Verletzung des Völkerrechts verurteilte. Doch es stellt die Realität falsch dar, wer direkt nach dem Angriff nicht die Gewalt des Aggressors verurteilt und nur eine Debatte über die Besetzung Palästinas fordert.

Keine Solidarität mit Israelis und Frauen

Einen Aufruf zur Solidarität mit der israelischen Zivilbevölkerung sucht man beim «Funke» vergebens. Auf keinem einzigen der Bilder von ihren Veranstaltungen an verschiedenen Schweizer Universitäten wird an die Solidarität mit den Israeli appelliert.

Offenbar versteht der «Funke» nicht den grundsätzlichen Unterschied zwischen einem Regime und der Bevölkerung.

Der «Funke» schreibt vom «israelischen Imperialismus», und nicht von Israeli und Jüd*innen. Damit entmenschlicht er die israelische Zivilbevölkerung. Dies ist typisch für antisemitische und diskriminierende Rhetorik. Ausserdem verschleiert der «Funke» damit die tatsächlichen Geschehnisse: Es ist nicht die israelische Regierung, die massakriert wurde, sondern die Zivilbevölkerung, einschliesslich von Kindern.

Offenbar versteht der «Funke» nicht den grundsätzlichen Unterschied zwischen einem Regime und der Bevölkerung: Als wären Hamas und Palästina ein und dasselbe, schreibt er vom «palästinensischen Volk, das sich gegen seine Unterdrückung wehrt». Um es ganz klar zu stellen: Es ist nicht das palästinensische Volk, das hier Krieg führt, sondern die Hamas. Dieser «Befreiungskampf» der Hamas ist das nackte Grauen für die palästinensische Zivilbevölkerung. Millionen werden vertrieben, Tausende werden sterben. Und so unerträglich viele darunter sind Kinder.

Der Sieg, den die Hamas erstrebt, ist auch ein frauenfeindlicher. Die Hamas unterdrückt Frauen systematisch: Frauen haben einen männlichen Vormund, der ihnen verbieten kann, zu reisen. Sexuelle Gewalt gegen Frauen innerhalb der Familie ist nicht strafbar. Mädchen ab neun Jahren dürfen nicht dieselbe Schule besuchen wie Knaben. Auch darüber verliert der «Funke» kein einziges Wort. Und trotzdem laufen die Mitglieder vom «Funke» am Frauenstreik mit. Diese Gruppierung läuft offensichtlich bei einer Demonstration mit, deren Werte sie nicht teilt – sie hat auf dem Frauenstreik nichts zu suchen.

Reale Konsequenzen

Der «Funke» verweist auf den «israelischen Imperialismus», wenn er über die Beweggründe der Hamas schreibt. Aber wenn man den Angriff der Hamas entschuldigt, weil sie ja nur Antworten auf frühere Vergehen seien, dann ist das nichts als eine Legitimierung ihrer Taten. Und das führt zu realen Konsequenzen: Islamistische Organisationen, die sich pro-palästinensisch nennen, haben wenige Tage nach dem Angriff der Hamas zur Gewalt gegen jüdische Einrichtungen aufgerufen.

Daraufhin wurden weltweit jüdische Schulen, Restaurants und Synagogen geschlossen. Jüd*innen haben ihre Häuser nicht verlassen, aus Angst, dass ihnen etwas angetan würde. In Berlin wurden Häuser, in denen Jüd*innen wohnen, mit Davidsternen markiert. Militante Organisationen riefen zu einer «Reichskristallnacht 2.0» auf. Das ist zutiefst erschütternd. Diese Entwicklung ist untragbar, und hier wird eine Grenze überschritten, die nicht mehr zurückgenommen werden kann. Aber das sind die realen Auswirkungen, wenn die Kämpfe von extremistischen Gruppen unterstützt werden.

Der «Funke» hat moralisch und intellektuell versagt. Die Uni und die ETH haben richtig gehandelt, indem sie die Veranstaltung verboten haben. Die Unterstützung von antisemitischen, demokratiefeindlichen und frauenfeindlichen Organisationen muss bekämpft werden.