Schlappe für die Uni Zürich: Das Bundesgericht pfeift die Hochschule zurück
Die neue Disziplinarverordnung der Uni Zürich sah Geldstrafen von bis zu 4000 Franken vor. Nun haben die Studis gegen die Uni gewonnen: Das höchste Gericht der Schweiz hat die hohen Bussen für unzulässig erklärt.
Das Bundesgericht hat entschieden, die Studierenden haben gewonnen: Die in der Disziplinarverordnung der Uni Zürich vorgesehenen Geldstrafen sind unzulässig. Das höchste Gericht der Schweiz bestätigt also mit seinem Entscheid vom 8. September das Urteil der Vorinstanz, dem Zürcher Verwaltungsgericht, wonach Geldstrafen von bis zu 4000 Franken für Disziplinarverstösse nicht zulässig sind. Das ist ein grosser Sieg für den Verband der Studierenden der Universität Zürich (VSUZH), der mit allen Mitteln gegen die neuen Disziplinarverordnung gekämpft hat.
Die Studierenden rekurrierten im Jahr 2020, als die Verordnung eigentlich hätte in Kraft treten sollen, erfolgreich vor dem kantonalen Verwaltungsgericht, worauf die Uni das Urteil im September 2021 vors Bundesgericht weiterzog (die ZS berichtete). Zwei Jahre später hat das Bundegericht entschieden. Die neue Disziplinarverordnung hätte per 1. September 2020 in Kraft treten und die bestehende aus dem Jahr 1976 ablösen sollen. Sie regelt unter anderem den Umgang mit Plagiaten, Störungen des universitären Betriebs oder von Veranstaltungen. Die momentanen Sanktionsmöglichkeiten umfassen nach der alten Verordnung schriftliche Verweise, den Ausschluss aus einzelnen Einrichtungen oder eine Suspendierung von einem bis sechs Semestern.
Konkret hätte die Uni künftig, mit der von der Unileitung erarbeiteten und vom Universitätsrat abgesegneten Revision, ihre Studierenden mit Bussen bis zu 4’000 Franken bestrafen können. Dagegen regte sich schnell Widerstand, doch die kritischen Stimmen wurden kaum gehört. Es gab anfangs lediglich ein Entgegenkommen bei der maximalen Höhe der Bussen, die ursprünglich auf 5000 Franken angesetzt war. Die Kritik aus studentischen Kreisen, namentlich des VSUZH, verhallte und das Projekt wurde von der Unileitung weitergeführt. Anstatt die Verordnung anzupassen, liess es die Uni auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Zürich ankommen und scheiterte damit kläglich.
Der Entscheid gab den Studierenden in den umstrittensten Punkten Recht: Geldstrafen müssten im Universitätsgesetz vorgesehen sein und liessen sich nicht einfach vom Unirat verordnen. Denn im Vergleich zum Erlass einer Verordnung von oben ist der Weg einer Gesetzesänderung sehr steinig und müsste im Kantonsrat beginnen. Eine Revision des Universitätsgesetzes würde dann auch dem fakultativen Referendum im Kanton Zürich unterliegen.
Bundesgericht stützt Entscheid des Verwaltungsgerichts
Das Urteil des Bundesgerichts bestätigt im Wesentlichen die Argumentation de Zürcher Verwaltungsgerichts: Entgegen der Auffassung der Uni Zürich könne eine solche Disziplinarmassnahme mit Blick auf den Höchstbetrag von 4000 Franken nicht als leichte Disziplinarmassnahme qualifiziert werden, heisst es im Urteil: «Wie der VSUZH zu Recht vorbringt, können Geldstrafen in Höhe von mehreren Tausend Franken angesichts der durchschnittlichen Einkommensverhältnisse der Studierenden einschneidende wirtschaftliche Folgen haben», schreibt das Bundesgericht. Sprich: 4000 Franken Bussgeld sind zu viel um einfach so auf Verordnungsebene als Massnahme beschlossen zu werden. Die den Studierenden drohenden Nachteile würden zusätzlich dadurch verstärkt, dass «bei Nichtbezahlung der Geldleistung trotz Mahnung ein vorübergehender Studienausschluss für die Dauer von bis zu sechs Semestern angeordnet werden kann», so das Bundesgericht weiter.
Bemerkenswert ist, dass wie schon das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich nun auch das Bundesgericht die Sprache der Uni mit Strafrecht in Verbindung bringt: Die Uni lehne sich mit dem Sprachgebrauch, etwa mit der Formulierung «angeschuldigte Person», an das Strafrecht an, «sodass zumindest der Anschein eines strafrechtlichen Charakters erweckt wird.»
Die Uni wollte in Zeiten von grösserer Präsenz der Frauen- und Klimabewegung, die in den letzten Jahren für mehr Aktivismus an der Uni gesorgt haben, eine griffige Disziplinarverordnung verhängen. Die Studierenden haben sich aber gewehrt und bis vor Bundesgericht gegen die Verordnung gekämpft – mit Erfolg.