Kostenlose Tampons? Fehlanzeige

Hochschulpolitik — Studierende fordern gratis Menstruationsprodukte auf allen Toiletten an der Uni Zürich. An der ETH sind solche eine Selbstverständlichkeit, doch die Uni stellt sich quer.

Sumanie Gächter (Text und Bild)
9. Mai 2023

Wer sich am 8. März in aller Früh seinen Weg ins Gebäude des Deutschen Seminars bahnte, bemerkte schnell, dass rot bemalte Tampons im Eingangsbereich von der Decke hingen. Markierungen am Boden leiteten Studierende zu einem Infoplakat. Darauf prangten Mythen über die Periodenarmut, also den erschwerten Zugang zu Tampons und Binden aufgrund finanzieller Engpässe sowie über die Tabuisierung und der damit einhergehenden Schambesetzung der Menstruation. Diesen Mythen gegenüber gestellt waren Fakten, welche diese widerlegen.

Organisiert wurde die Aktion vom Feministischen Apparat des Deutschen Seminars (FADS). Anlässlich des internationalen feministischen Kampftages lud dieser am Nachmittag zu einem Apéro ein und stellte in sämtlichen WCs des Deutschen Seminars Menstruationsartikel bereit. Auch in den Männertoiletten, damit alle menstruierenden Personen, unabhängig von ihrer Geschlechtsidentität, Zugang dazu haben. Damit wollte der Studierendenverein ein Signal senden. Denn es bestehe Bedarf nach kostenlos bereitgestellten Menstruationsartikeln an der Uni und die Forderungen danach würden immer lauter.

Binden nur auf Männer-WCs entfernt

Allerdings machten Mitarbeitende der Abteilung Sicherheit und Umwelt (SU) der Aktion einen Strich durch die Rechnung, bevor sie ihre Wirkung entfalten konnte. Sowohl die Bodenmarkierungen als auch die aufgehängten Tampons wurden noch am selben Morgen beseitigt. Dazu wurden auch die Menstruationsartikel in den Männer-WCs entfernt.

Die Stellwand mit dem Infoplakat und der Apéro sowie die Platzierung von Menstruationsproduk- ten in der Bibliothek sei mit dem Seminar abgesprochen gewesen. «Was nicht abgesprochen war, waren die Bodenmarkierungen und auch das Anbringen von bemalten Tampons im Eingangsbereich, an den WC-Türen und Türklinken zu den Seminarräumen», räumt der Vorstand des FADS ein.

«Es ist nicht klar, wieso die Menstruationsprodukte bloss auf den Männer-WCs entfernt worden sind.»
Feministischer Apparat des Deutschen Seminars

Doch dass diese Gegenstände ohne Rücksprache oder Verwarnung entfernt und entsorgt wurden, sei für den Verein ernüchternd: «Darin sind viel Arbeit und finanzieller Aufwand geflossen», hält der FADS fest und ergänzt: «Es ist auch nicht klar, wieso die Menstruationsprodukte bloss auf den Männer-WCs entfernt worden sind. Darin zeigt sich unseres Erachtens, dass die Tat politisch motiviert war.»

Der Vorstand des FADS verfasste daraufhin ein ausführliches Communiqué an die Abteilung SU, an die Abteilungsleiterin der Stelle für Gleichstellung und Diversität (AGL) sowie an die Uni-Leitung, um auf die Relevanz der Aktion rund um das Bereitstellen von Menstruationsartikeln hinzuweisen. Dabei verwiesen sie auf die ETH, die seit 2021 Menstruationsautomaten in Frauen- und genderneutralen WCs anbietet. Doch auf das Communiqué erhielt der FADS bis Redaktionsschluss von keiner der adressierten Stellen eine Antwort. Auf Anfrage der ZS nennt die Abteilung SU als Grund für die Entfernung der Installationen und der Produkte in den Männer-WCs, dass deren Anbringung vom Rektoratsdienst bewilligt sein müsse. Ansonsten würde alles fachgemäss entfernt und der «ursprüngliche Zustand» wieder- hergestellt. Laut der Stelle hat man die Anliegen des FADS aber ernst genommen.

Neue Arbeitsgruppe gegründet

Weiter wies die Abteilung auch auf andere Parteien hin, die sich für Periodenartikel an der Uni einsetzen. Die Abteilung AGL hat im letzten Herbst etwa die Arbeitsgruppe «Menstruationsprodukte» gegründet, welche die Einführung von kostenlosen Menstruationsprodukten an der Universität prüft. Gleichzeitig erschien ein Positionspapier der Gleichstellungskommission des VSUZH.

Diesem lässt sich entnehmen, dass Menstruationsprodukte für einen unbeschwerten Studien- und Forschungsalltag unabdingbar seien, und dass zur Verfügung stehende Tampons und Binden dazu beitragen würden, die Menstruation im Alltag künftig zu normalisieren.

«Menstruationsprodukte sollten eine Selbstverständlichkeit sein, wie WC-Papier und Seife.»
Seraina Eisele, Gleichstellungskommission des VSUZH

Seraina Eisele von der Gleichstellungskommission des VSUZH findet: «Menstruationsprodukte sollten eine Selbstverständlichkeit sein, wie WC-Papier und Seife. Umso schockierender ist es, dass es, wenn Studierende Initiative ergreifen, so enden muss wie bei der Aktion am Deutschen Seminar.»

Obwohl die Ausgangslage am 8. März frustrierend war, gewann der FADS mit der gescheiterten Aktion Aufmerksamkeit. Das Debakel um die entfernten Objekte sorgte am Deutschen Seminar für Gesprächsstoff und verdeutlichte, dass die Uni sich in gewisser Hinsicht noch zögerlich zeigt, der Thematik auf dem Campus die nötige Aufmerksamkeit zu schenken.