Geld gegen grüne Farbe: Mit Forschungsspenden können Unternehmen ihren Ruf polieren.

Bayer hat seine Finger im Spiel

Hochschulpolitik — Der umstrittene Pharmakonzern spendet 1 Million Franken an die ETH Zürich – und darf im entscheidenden Komittee sitzen.

9. Mai 2023

Im Dezember 2022 verkündete das «World Food System Center» der ETH Zürich, eine Spende in Höhe von 1,1 Millionen Franken von Bayer entgegenzunehmen. Innerhalb der nächsten vier Jahre sollen damit vier Forschungsprojekte finanziert werden.

Das «World Food System Center» an der ETH wurde 2011 gegründet. Dort verfolgen Wissenschaftler*innen das Ziel, Lösungen zu finden, wie die Welt nachhaltiger und gerechter ernährt werden kann und orientieren sich an den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung der UN. Neben der Forschung ist das «World Food System Center» auch in der Lehre tätig. Ausserdem machen sogenannte «Outreach-Aktivitäten» auf das Thema aufmerksam und kommunizieren zudem Erkenntnisse an Interessengruppen und die breite Bevölkerung.

Geld für vier Forschungsprojekte

Wer nach Parallelen zwischen dem nachhaltigen Forschungszentrum und dem milliardenschweren Chemie- und Pharmakonzern sucht, könnte ins Grübeln kommen. Denn nicht nur lobbyiert Bayer für Glyphosat, dem Unternehmen werden auch Menschenrechtsverletzungen und schwere Umweltvergehen vorgeworfen. Kritik wurde 2017 und 2018 auch laut, weil Bayer in der EU verbotene Pestizide nach Brasilien und Südafrika exportierte.

Mit den Spendengeldern soll das Center also neue wissenschaftliche Erkenntnisse generieren. Welche Massnahmen garantieren aber freie und unabhängige Forschung? Martijn Sonnevelt, Executive Director des «World Food System Center», erklärt: «Die finanzielle Förderung der ausgewählten Projekte wird zu Projektbeginn festgelegt. Die Freiheit von Forschung, Lehre und Publikation für die ausgewählten Forschenden ist jederzeit gewährleistet.» Bayer habe die Möglichkeit, die wissenschaftlichen Fragestellungen zu diskutieren, aber nicht die Arbeiten zu steuern.

Die Ausschreibung für die von der Firma Bayer finanzierten Projekte am Center läuft gerade und ist für alle ETH- Wissenschaftler*innen offen. Bei dieser Ausschreibung ist Bayer präsent. So steht etwa das Unternehmenslogo auf der Ausschreibung und der Konzern war auch bei einer Q&A-Session für Bewerber*innen um die Forschungsprojekte vertreten. Wer hat also die Entscheidungshoheit? Über die Vergabe der Forschungsgelder entscheidet ein eigenes Evaluationskomitee. «Bayer ist auf Einladung der ETH dort vertreten. Die Mehrheit des Komitees besteht aber aus ETH-Angehörigen, und somit liegt auch der abschliessende Entscheid bei der ETH», so Sonnevelt.

Greenwashing oder Wohltätigkeit?

Bayer ist nicht das einzige Unternehmen, welches regelmässig Forschung für Nachhaltigkeit und ähnliches sponsort. «Das ist ein allgemeiner Trend. Firmen wollen zeigen, dass sie sich dafür engagieren. Manchmal tun sie das, um einen Puffer für Krisenzeiten, also wenn es an Kritik zu diesen Themen hagelt, zu schaffen», erklärt Nadine Strauss, Assistenzprofessorin für strategische Kommunikation der Uni Zürich. «Ausserdem erhofft man sich durch die Zusammenarbeit mit einer renommierten Universität positive Aus- strahlungseffekte auf die Reputation des Unternehmens.»

Schlussendlich bleibt es ein zweischneidiges Schwert. «Es gibt auch durch- aus positive Beispiele, wie durch solche Spenden aus der Wirtschaft unabhängige und erfolgreiche Forschungsteams entstehen können. Darum ist es ratsam, erstmal abzuwarten und den weiteren Verlauf gut zu beobachten», schliesst Strauss.