Zahlreiche Lautsprecher und Mikrofone ermöglichen es, Schallwellen zu überspielen.

Wie tarnt man ein U-Boot?

Aus der Forschung — Die ETH entwickelt ein Gerät, das nicht von Schallwellen geortet werden kann.

Serafin Jacob (Text) und Basil Gallati (Grafik)
31. März 2023

Ein Gerät, das vor dem Schall verborgen ist? Was noch vor einigen Jahren Zukunftsmusik war, wird nun mit zunehmendem Erfolg erforscht. Ein solches Gerät hätte weitreichende Folgen: Von Konzerthallen mit perfekt kalibriertem Echo bis hin zu U-Booten, die nicht über die Schallwellen eines Sonars geortet werden können. Forschende an der ETH Zürich sind diesem Ziel mit einer innovativen Erfindung einen Schritt näher gekommen. Sie haben eine Maschine gebaut, die sich selbst und andere Objekte vor Schall verbergen kann. Zudem kann das Gerät dem Schall Objekte vortäuschen, wo keine sind.

Wellen löschen sich gegenseitig aus

Um das Gerät zu verstehen, das die Forschungsgruppe um den Geophysiker Johann Robertsson in der Publikation «Broadband acoustic invisibility and illusions» vorstellt, hilft es, zuerst nachzuvollziehen, wie Schall funktioniert. Wenn man zum Beispiel ein Blatt der ZS umblättert, setzt dieses die Luft in Bewegung. Die so entstehenden Schallwellen bewegen sich durch den Raum, werden von Wänden und Gegenständen reflektiert und treffen dabei zum Teil die Ohren.

Der Schlüssel zur Schall-Unsichtbarkeit liegt nun darin, diese Wellen umzuleiten oder zu modifizieren. Dafür bieten sich zwei Wege an. Der erste ist die passive Tarnung. Hierbei wird das zu verbergende Objekt hinter einen ausgeklügelten Schutz gestellt. Wenn Schallwellen auf den Schutz prallen, werden diese um das Objekt herum geleitet. Empfängt man die Wellen dann auf der anderen Seite, klingt es, als wäre das Objekt nicht da.

Das von den Forschenden vorgestellte Gerät verwendet jedoch einen anderen Ansatz, nämlich die aktive Tarnung. Dabei nutzt man eine spezifische Eigenschaft von Wellen aus: die destruktive Interferenz. Wenn zwei Wellen aufeinander treffen, die um eine bestimmte Distanz verschoben sind, löschen sich beide aus und der Ton verschwindet.

Dieses Prinzip kommt zum Beispiel bei Noise-Cancelling-Kopfhörern zum Einsatz, indem Gegenwellen zum Umgebungslärm ausgesendet werden. Dadurch wird der Lautstärkepegel deutlich gesenkt. Klingeln, Stimmen und andere unregelmässige Geräusche werden jedoch schlecht gedämpft, da Kopfhörer nur ungenügend darauf reagieren können.

Noise-Cancelling im grossen Stil

Um diese Geräusche wirklich zu beseitigen, braucht es mehr: Dutzende Mikrofone, die den eintreffenden Schall aus jeder Richtung empfangen und die so erhaltenen Informationen in kürzester Zeit verarbeiten, sowie dutzende Lautsprecher, die passende Gegenwellen aussenden. Genau damit ist das Gerät, welches Robertsson und seine Gruppe entwickelten, ausgestattet. Indem die Lautsprecher die vom Gerät zurückgeworfenen Wellen überspielen, wird es erfolgreich vor dem Schall verborgen.

Gerät macht auch Hologramme

Mit dem gleichen Gerät gelang noch etwas: ein virtuelles Objekt vorzutäuschen, das gar nicht da ist. Die sich auf die Gerätschaft zubewegenden Wellen können durch die Gegenwellen nämlich so manipuliert werden, dass es so scheint, als würden sie auf ein Objekt stossen. Dieses Hologramm kann fast jede beliebige Form haben. Damit lassen sich zum Beispiel die akustischen Eigenschaften eines Gegenstandes unter Wasser erforschen, indem man diesen unterhalb der Wasseroberfläche simuliert.

Könnte das gleiche Prinzip auf andere Arten von Wellen angewendet werden? «Grundsätzlich ja, aber nur auf Wellen, die sich deutlich langsamer ausbreiten als Licht. Sonst müssten die eintreffenden Wellen mit mehr als Lichtgeschwindigkeit analysiert werden, was physikalisch unmöglich ist», schreibt Dirk-Jan van Manen, ein Mitglied der Forschungsgruppe. Damit bleibt der Unsichtbarkeitsmantel von Harry Potter im Reich der Träume.