Das Russo-Schild hängt wieder

Der Quartierladen wurde aus dem Uniquartier verdrängt. Nun hat es im Seefeld eine neue Kundschaft gefunden.

Fiona Bosshard (Text) und Linn Stählin (Bild)
27. März 2023

Beinahe ein Jahr ist es her, seit der Russo seinen alten Standort an der Freiestrasse verlassen musste. Anwohner*innen, Studierende und Schüler*innen traf dies tief, denn der Russo war nicht nur als sympathisches, studierendenfreundliches Lädeli beliebt, sondern auch als familiärer Treffpunkt. Zum Zeitpunkt des Auszugs fragten sich viele, wie die Zukunft des Ladens aussehen wird. Wird der Russo an einem neuen Standort wiedereröffnet? Sandra Russo, die Geschäftsführerin, sah schwarz. «Es war ‹the end›. Viele Sachen, zum Beispiel die Kaffeemaschine, brachte ich in den ‹Guete Egge›. Die Lehrlinge bestanden die Abschlussprüfungen mit Bravour, danach löste sich das Team auf.»

Ehemalige Studierende gehen in den neuen Laden

Heute hängt das Russo-Schild wieder, und zwar an der Feldeggstrasse im Zürcher Seefeld. Zu verdanken ist dies teilweise Antonio Caso, ein langjähriger Mitarbeiter von Sandra Russo, der den Quartierladen nicht aufgeben wollte. Er überzeugte die Geschäftsführerin mit dem neuen Standort. Gemeinsam erarbeiteten sie ein neues Konzept für den Russo. Er bietet nun vor allem italienische Spezialitäten wie frische Ravioli, Salami und hausgemachte Pesto an. Einige Russo-Klassiker, die wohl so manche Studierende nicht missen möchten, sind weiterhin im Angebot: El Tony Mate, Soba-Nudeln oder die Kaffeemaschine, aus der früher Kaffee für nur einen Franken geholt werden konnte. Doch auch dort äussern sich die Änderungen beim Betrieb. Der Kaffee kostet heute drei Franken. 

«Natürlich gibt es eine neue Kundschaft, an die man sich anpassen muss», so Sandra Russo. Es kämen immer mehr Schüler*innen vom Freigymi in der Mittagspause vorbei, ebenso ehemalige Studierende, die nun im Seefeld arbeiten, oder Eltern von Schüler*innen des Gymnasiums Rämibühl, die in der Nähe wohnen: «Es ist wie ein Kreis, der sich schliesst.»

Alter Standort wurde zu teuer für Quartierläden

Obwohl der Russo nicht mehr mit Studierenden vollgepackt ist, war es der Geschäftsführerin wichtig, ihre alten Werte und den familiären Umgang mit den Kunden beizubehalten. Sie sollten sich wohl fühlen und mit Namen angesprochen werden. «Dieselben Leute kommen jeden Tag auf ein Kafi und Cornetto. Der Russo wird so wieder zu einem Treffpunkt. Das wollen wir natürlich bestärken und beibehalten». Es sei spannend, die neue Kundschaft im Seefeld kennenzulernen, meint sie weiter. Vor allem ist es schön zu sehen, wie sich die Kund*innen über die italienischen Spezialitäten freuen. «Die Leute kommen in den Laden und sagen ‹Oh! Das hatten wir früher auch immer in Italien› oder ‹Könntet ihr noch folgende Pelati anbieten, dann muss ich weniger in Italien einkaufen?›»

Wer die alte Russo-Filiale an der Freiestrasse bezieht, ist noch nicht klar. Sandra Russo spricht von Avec oder Valora als mögliche Kandidaten, sicher ist sie jedoch nicht. Die Eigentümerin der Liegenschaft, die Pensionskasse BVG, wollte sich gegenüber dieser Zeitung nicht zur Nachfolge äussern. Klar ist jedoch, dass sich kein kleiner Quartierladen die Miete mehr leisten können wird. Nach der Totalsanierung des Gebäudes soll sie sich verdreifachen. Dennoch sei sie positiv eingestellt: «Auch der neue Laden wird sich hoffentlich zu einem Ort der Zusammenkunft entwickeln.»