Zu Besuch bei der Kinderuni
Die Vorlesung «Weshalb brauchen wir Kunst oder ist sie gar überflüssig?» begeisterte die Jungakademiker*innen. Trotz herumfliegenden Papierfliegern verteilte der Kunsthistoriker Alfred Lutz am Ende Autogramme.
Der Andrang vor Hörsaal 4 auf dem Campus Irchel ist gross. Es ist Mittwochnachmittag und die Kinder-Universität Zürich lädt zur zweiten Vorlesung in diesem Semester ein. Kaum öffnen sich die Türen, stürmt eine riesige Schar Kinder in den Saal auf der Suche nach den besten Plätzen.
Unter ihnen die beiden Freunde Jonas Du und Florian Buschor. Sie wissen noch nicht, was sie heute erwartet. «Die Vorlesungen waren bis jetzt aber immer sehr gut», sagt Florian, der bereits letztes Jahr akademische Luft schnuppern konnte.
Schon seit 2004 organisiert die Kinder-Universität Zürich Workshops, Exkursionen und Vorlesungen, die jeweils vier Mal im Semester stattfinden. Das kostenlose Angebot bietet Schüler*innen von der 3. bis zur 6. Klasse unabhängig ihrer schulischen Leistungen die Möglichkeit, in die Welt der Wissenschaft einzutauchen. Dass das Interesse auch in diesem Jahr wieder gross ist, zeigen die über 550 Anmeldungen.
Faltkunst in der Kunst-Vorlesung
Nach einer Vorlesung über künstliche Intelligenz in der Medizin stellt der Kunsthistoriker Albert Lutz an diesem Mittwoch den Kindern die Frage: «Brauchen wir Kunst oder ist sie gar überflüssig?» Ein anspruchsvolles Thema für so ein junges Publikum, könnte man meinen. Lutz weiss jedoch, die Kinder zu begeistern. Mit einer Menge virtueller Bilder im Gepäck zeigt er, welche Bedeutung vor allem die bildende Kunst in verschiedenen Kulturen über Jahrhunderte hinweg hatte. Der Kunsthistoriker nimmt die wissbegierigen Schüler*innen mit auf eine Zeitreise.
Während die Kinder sowohl von Sulawesischer Höhlenmalerei als auch von Banksys jüngstem Werk erfahren, schreiben viele fleissig auf ihren Blöcken mit. Nur ein paar wenige, die sich lieber der Kunst des Papierflieger-Bastelns verschrieben haben und ihre Kreationen durch den Raum fliegen lassen, müssen dann doch einmal von Betreuer*innen ermahnt werden.
Kinderreporter*innen sind dabei
Nach knapp 40 Minuten endet die Vorlesung mit einem Fragenhagel. Besonders die Identität des anonymen Künstlers Banksy beschäftigt das junge Publikum. Spätestens jetzt muss sich auch der Kunsthistoriker, der sonst für alles eine Antwort bereit hat, geschlagen geben. Die Kids nehmen es ihm nicht übel. Im Gegenteil.
Nach verebbtem Applaus stehen sie Schlange, um bei Lutz ein Autogramm zu ergattern. Noch nie habe er einen Vortrag vor so vielen Kindern gehalten, sagt der Kunsthistoriker: «Es war super und auf jeden Fall ein Erlebnis». Eine Vorlesung vor Kinder zu halten sei aber nicht ganz einfach, «man muss schauen, dass man alle Altersgruppen abholen kann», so Lutz.
Otto Hoffmann und seine Freundin Rimé Schwyter hat er auf jeden Fall abgeholt. «Wir kommen auch für die nächsten Vorlesungen wieder», sagt Otto. Auch Julian Reinmann meint: «Die Vorlesung war spannend und ich habe alles verstanden.» Als einer von mehreren Kinderreporter*innen darf der Drittklässler sogar einen Bericht über die Vorlesung schreiben, der dann auf der Kinderuni-Website publiziert wird.
Bleibt nun noch die Frage, ob die Vorlesung die Kinder von der Notwendigkeit der Kunst überzeugen konnte. «Ich finde, es gibt schon gewisse Arten von Kunst, die man nicht unbedingt braucht, wie Theaterstücke», so Otto Hoffmann. Auch Aline Knecht meint ganz ehrlich: «Alte Kunst finde ich schön, aber zum Beispiel einen Mantel an die Wand hängen und als moderne Kunst zu bezeichnen, ist schon ein wenig unnötig.»