Die Uni kennt nur zwei Geschlechter
Obwohl sie anders könnte, orientiert sich die Hochschule am binären Modell des Bundes.
Nicht-binäre Personen sind in der Schweiz immer noch gezwungen, sich als männlich oder weiblich auszuweisen. Laut dem Bundesratsentscheid vom vergangenen Dezember wird sich das vorerst auch nicht ändern: Ein neues Geschlechtermodell sei gesellschaftlich noch nicht etabliert.
Währenddessen leben laut Schätzungen bis zu 260'000 nicht-binäre und trans Personen in der Schweiz. Einige davon studieren oder arbeiten an der Uni Zürich. Und auch hier sind sie verpflichtet, sich an das binäre System anzupassen. Es ist Studierenden nämlich nicht möglich, bei der Einschreibung eine dritte Geschlechtsoption wie etwa «divers» anzuwählen. Dies, obwohl laut der universitären Abteilung Gleichstellung und Diversität schon seit 2017 Anfragen von Studierenden eingetroffen sind, die einen nicht-binären Geschlechtseintrag bevorzugen würden.
Abteilungsleiterin Christiane Löwe sagt dazu: «Die Situation ist seit längerem bekannt, und wir arbeiten zusammen mit der Arbeitsgruppe Geschlechtervielfalt aktiv daran, eine dritte, positiv besetzte Geschlechtsoption in alle Systeme der Uni zu integrieren.» Wann genau diese Integration stattfinden werde, sei aber noch unklar.
Mangelnde Priorisierung studentischer Anliegen
Der Bundesratsentscheid beeinträchtige zeitliche Planungsversuche, da die Gefahr bestehe, dass ein eigenständig ergänztes System später erneut komplett umgebaut werden müsse. Mit anderen Worten: Die Gleichstellungsabteilung orientiert sich bei der Geschlechterthematik am Bund – obwohl sie eigene Handlungsfreiheit hätte.
Für Laura Galli, Co-Präsidentin des VSUZH, wäre es wichtig, dass die Uni Initiative ergreift: «Ich fände es schön, wenn die Universität Zürich ein Zeichen setzen würde. Und wenn eine Umstrukturierung nicht möglich ist, dann sollte man auch transparent machen, wieso.»
Seien die Ressourcen knapp, dann müsse man diese eben umverteilen, so Galli. Kajsa Bornhauser, VSUZH-Delegierte in der universitären Gleichstellungskommission, spricht von einer mangelnden Priorisierung studentischer Anliegen in universitären Kommissionen. Das habe weitreichende Konsequenzen für Betroffene: Nicht-binäre Studierende existierten auf bürokratischer und struktureller Ebene nicht.
«Diversity Policy» eigentlich vorhanden
Für Oliv, nicht-binäre*r Student*in der Anglistik und Soziologie, würde eine dritte Option den Universitätsalltag um einiges vereinfachen. «Bei Vorstellungsrunden bin ich normalerweise die Person, die das Thema der Geschlechtsidentität anschneidet, indem ich mich mit meinen Pronomen vorstelle oder erwähne, dass ich nicht-binär bin.
Manchmal möchte ich mich aber nicht unbedingt in einem Raum voller Leute, die ich noch nicht kenne, outen müssen», so Oliv. Je nach Kontext seien die Menschen unterschiedlich eingestellt und man müsse mit unterschiedlichen Reaktionen rechnen.
Die Universität könnte indes durch die Institutionalisierung ein klares Zeichen setzen. Dies wäre zudem im Einklang mit ihrer im Jahr 2018 selbsterlassenen «Diversity Policy», laut derer sie sich «mit angemessenen präventiven [...] Massnahmen für den Schutz vor Diskriminierung im konkreten Fall» einsetzen soll.
Auch die Hochschulpartei Kritische Politik Zürich bezieht auf Anfrage Stellung. Für eine Änderung sei es höchste Zeit. Aber auf proaktive Entscheidungen vonseiten- der Hochschule könne man noch lange warten. «Durch Druck der Studierendenschaft wäre es möglich, solche Änderungen- zu erzwingen. Wir glauben aber nicht, dass die eher konservativ eingestellte Unileitung da gross Eigeninitiative zeigen wird.»