Was ist männlich? Antwort geben die Stars der Zeit.

Von Cowboys, Verführern und harten Kerlen

In der westlichen Kultur haben sich Männerbilder grundlegend gewandelt – und das nicht linear. Eine Übersicht.

Leah Süss (Text) und Lucie Reisinger (Collage)
5. Dezember 2022

Der Patriarch

Er arbeitet, verwaltet das Geld, ist das Oberhaupt der Familie, kämpft für das Vaterland und geniesst Heldenstatus. Dieses Bild dominierte jahrhundertelang und wurde auch durch die erste feministische Bewegung, die gleiche Rechte für Frauen forderte (18. Jahrhundert bis circa Erster Weltkrieg), nur gering beeinflusst.

Der Cowboy

Das Bild des unabhängigen, zähen Mannes entstand in den 1950er-Jahren als Form des Eskapismus nach dem Zweiten Weltkrieg. Um die eigene Situation auszublenden, verfolgte man die Abenteuer von Helden des 19. Jahrhunderts in den Weiten der USA. Damit verbunden war der Marlboro-Mann (1954-1999), der Rauchen als Ausdruck von Männlichkeit propagierte.

Der Verführer

Er wird von Frauen begehrt und von Männern bewundert. Er verführt Frauen, ohne für sie Gefühle zu entwickeln. Er ist der Held schlechthin. Besonders berühmt ist James Bond, der seit 1962 ein Männlichkeitsideal darstellt.

Der gewaltbereite Aussenseiter

Ab den 1960er-Jahren bis in die 1980er-Jahre erlebte die Frauenbewegung in westlichen Ländern neuen Aufschwung, was unter der «Zweiten Welle» kategorisiert wird. Gefordert wurde etwa sexuelle Selbstbestimmung, politisches Mitspracherecht und der Aufbruch von Geschlechterrollen. Einige Männer fühlten sich dadurch bedroht. Sie werden in sogenannten «White Rage Movies» durch gewaltbereite Aussenseiter repräsentiert. Zum Beispiel im Film Taxi Driver (1976).

Der sensible «New-Age-Mann»

In den 1980er-Jahren machte sich ein neues Männlichkeitsbild breit. Der «New-Age-Mann» nahm sich die Forderungen der Frauenbewegung zu Herzen und schlüpfte bereitwillig in die Rolle des zärtlichen Vaters und Liebhabers. Präsentiert wurde er sehr körperbetont, gar etwas narzisstisch. Abgelichtet etwa im Männermagazin «The Face» (1980).

Der harte Kerl

Auf den sensiblen «New-Age-Mann» folgte eine Gegenreaktion: Hypersexistische Machos sahen Frauen als reine Sexobjekte an und betrachteten Bier, Zigaretten und Sport als ihren Lebensinhalt. Ihre bewusst provokante Begründung: «Männer sind halt so». Berühmt wurde der «harte Kerl» durch Männermagazine wie «FHM» (1985) und «Loaded» (1994), die über eine grosse Reichweite verfügten.

Der metrosexuelle Mann

Analog zum «New-Age-Mann» entwickelte sich in den 1990er-Jahren ein Männerbild, das eine femininere Erscheinung glorifizierte. Geprägt wurde das Bild durch die Selbstdarstellung von David Bowie in den 1970er-Jahren und von David Beckham zwanzig Jahre später, die sich eine homoerotische Ästhetik zu eigen machten und etwa mit Make-up, Mode und Nacktheit experimentierten. Die Werbung nutzte diesen Männertyp für kommerzielle Zwecke.

Der gewalttätige Held

In den 1990er-Jahren wurden männliche Gewaltfantasien propagiert, etwa durch Filme, in denen Versagertypen zu erfolgreichen Gangstern oder Mitgliedern von Gangs wurden. Bekannt etwa Tarantino-Filme wie Pulp Fiction (1994) oder der Kultfilm Fight Club (1999).

Und heute?

Aktuell sorgen Promis wie Timothée Chalamet, Harry Styles oder Lil Nas X für Schlagzeilen. Sie definieren neue Möglichkeiten für männliches Auftreten auf performative Weise – und werden dafür sowohl verehrt als auch kritisiert.

Die beschriebenen Männerbilder haben den westlichen Kulturraum massgeblich geprägt. Geschlechtsideale variieren je nach kulturellen Hintergründen. Diese Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.