Wie ein kühles Bier
Kulturspalte — Die Zürcher Autorin Darja Keller liest aus ihrem neuen Buch «Sihl City» im Théatre A. Part. Es erzählt von den kleinen Momenten im Leben.
Darja Kellers Erzählungen ziehen ihre Leser*innen in den Bann. Sie transportieren Sinneseindrücke: Den Geschmack von Zigarettenrauch und Fanta, der an einem verkaterten Morgen an der Zunge klebt. Den Geruch des Limmatwassers in der Sommerluft. Den Klang einer Bialetti auf dem Herd oder das Geräusch einer Tür, die schwer hinter einem zufällt, während die eigenen Schritte schon im Treppenhaus hallen.
Keller zoomt in ihren Geschichten an kleine, aber bedeutsame Momente des Lebens heran. Mal ist es ein Gespräch der Protagonistin mit ihrer Freundin übers Einschlafen, mal das Zurechtmachen bei einem Freund vor einer Party, oder die letzte Nacht im Bett einer vermutlich erloschenen Liebschaft. Die Erzählungen oszillieren zwischen Hochgefühl und Melancholie über das Zusammen- und Alleinsein.
Was wäre wenn?
Am 11. November stellt die Autorin ihren Roman «Sihl City» zum ersten Mal vor. Das Buch erscheint im deutschen «Re:sonar» Verlag, der seit 2020 insbesondere jungen Autor*innen die Möglichkeit bietet, Texte zu veröffentlichen. Zuvor hatte Keller bereits zahlreiche Essays und Kurzgeschichten in verschiedenen Zeitschriften und Magazinen publiziert. Sie studierte an der Universität Zürich Kulturanalyse und Literaturwissenschaft.
«Wir machen das Licht aus», beginnt Keller ihre erste Erzählung. Die Protagonistin und ihr Date fantasieren, sie hätten sich auf einer WG-Party kennengelernt. Wie aufregend wäre das gewesen? Sie tanzen zu einem Lied von «The Knife» durch die dunkle Küche, haben auf dem kalten Fliesen Sex und putzen sich danach gemeinsam die Zähne.
Gedankenversunkene Abende
Eine andere Erzählung spielt an Neujahr. Die Protagonistin lässt sich ihren One-Night-Stand in der Silvesternacht nochmals durch den Kopf gehen. Dabei hört sie, wie ihre Mitbewohnerin im Nebenzimmer Sex hat, doch heute löst es keinen Neid bei ihr aus. Sie überwindet sich erst abends, am Tankstellenshop Essen zu besorgen. Auf dem Weg dorthin trifft sie ihre Ex-Freundin an. «‹Wie war Silvester?›, fragt sie mich, so wie man eine Frage stellt, wenn man kein Gespräch beginnen will». Sie tauschen etwas gezwungen ein paar Worte aus.
Keller fängt in ihren Erzählungen Gefühle präzis ein. Man verschlingt sie, wie man ein kühles Bier an einem heissen Sommertag leert. Zurück bleiben Sehnsüchte, Aufregung, Rausch, manchmal Ängste, und – eine Prise Verliebtheit.