Hat die Schweiz mit der EU-Hochschulinitiative das richtige Puzzleteil zur Teilhabe am europäischen Bildungsraum gefunden? Lucie Reisinger

Schweizer Hochschulen wollen Anschluss an Europa nicht verpassen

Nach dem Ausschluss aus den Forschungs- und Bildungsprogrammen Horizon und Erasmus letztes Jahr kommt Brüssel nun der Schweiz entgegen. Die Universitäten Genf, Basel, Lausanne und Zürich dürfen sich neu an der sogenannten EU-Hochschulinitiative beteiligen.

9. Oktober 2022

Die EU-Hochschulinitiative zielt auf den Aufbau eines europäischen Bildungsraums ab. Dazu möchte sie Partnerschaften zwischen Hochschulen in der EU und die Herausbildung von «Europäischen Hochschulen» fördern. «Europäische Hochschulen sind transnationale Allianzen, die sich zu Hochschulen der Zukunft entwickeln, europäische Werte und die europäische Identität fördern und ausserdem Qualität und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Hochschulbildung revolutionieren», lautet die Erklärung auf der Webseite der EU-Kommission. 

Mehr Mobilität, aber ohne EU-Gelder

Die beteiligten Schweizer Universitäten dürfen sich im Rahmen der Initiative an «transnationalen Allianzen» beteiligen. Innerhalb einer solchen Allianz soll Studierenden ein Studium an Universitäten in verschiedenen Ländern ermöglicht sowie die Mobilität von Forschenden und Lehrenden gefördert werden. So nimmt die Universität Zürich an der Allianz «Una Europa» teil, die mit elf beteiligten Hochschulen zu den grössten der Allianzen gehört. 

Jede der 44 Allianzen erhält für vier Jahre bis zu 14.4 Millionen Euro aus dem Programm Erasmus Plus. «Durch die Nicht-Assoziierung der Schweiz können wir jedoch keine EU-Gelder für Projekte beantragen», sagt Beat Müller von der Medienstelle der Universität Zürich. Daher stellt der Bund laut Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation für die kommenden vier Jahre von 2022 bis 2025 Mittel in der Höhe von sechs Millionen Franken zur Verfügung. 

Die Uni Zürich geht davon aus, dass die europäischen Hochschulallianzen den Bildungs- und Forschungsraum massgeblich prägen werden. «Durch die Mitgliedschaft bei Una Europa können wir diese Entwicklung mitgestalten und bleiben auf EU-Ebene assoziationstauglich, was für den Schweizer Hochschulraum entscheidend ist und weiterhin sein wird», erklärt Müller. Nach der Besetzung der relevanten Stellen werde der Fokus auf gemeinsamen Lehrformaten liegen, welche die zugehörigen Universitäten anbieten und entwickeln. 

VSS sieht Hoffnung in der Europa-Initiative

Luzian Franzini, Co-Generalsekretär des Verbands der Studierenden Schweiz (VSS) begrüsst diese Entwicklung. Für die Studierenden der beteiligten Universitäten würden sich so zusätzliche Möglichkeiten für Austauschsemester eröffnen. «Gleichzeitig ist klar, dass die vorliegende Lösung nicht flächendeckend für alle Schweizer Hochschulen angewandt werden kann.» Insbesondere für kleinere und neuere Hochschulen sei es schwieriger, an solchen Programmen teilnehmen zu können. «Nur Erasmus Plus garantiert einen diskriminierungsfreien Zugang zum europäischen Austauschprogramm für alle Studierenden in der Schweiz», betont Franzini.

Seit dem Ausschluss aus Erasmus ist auf politischer Ebene allerdings wenig geschehen und eine Annäherung zwischen der Schweiz und der EU in thematischen Dossiers wie der Forschung und der Bildung sei laut der Agentur für Mobilität und Austausch Movetia nicht in Sicht. Aktuell sieht Franzini aber Hoffnung in der Europa-Initiative, wo der VSS seit Mai im Komitee sitzt. «Die Europa-Initiative, die unter anderem von den Grünen und Operation Libero getragen wird, schafft verbindliche Grundsätze der Schweizer Europapolitik. Damit wollen wir den Bundesrat dazu zwingen, die Probleme aktiv anzupacken und wirklich eine Vollassoziierung von Erasmus Plus anzustreben.»