Wurde die Uni Opfer eines russischen Hackerangriffs?
Die Veranstaltung mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski an der Universität Zürich letzten Donnerstag wurde von andauernden Tonproblemen gestört. Danach kam es zu Gerüchten über einen Hackerangriff – und zu widersprüchlichen Aussagen vom Veranstalter und der Kommunikationsabteilung der Hochschule.
An der Uni herrscht Konfusion.
Da hat es das Europa Institut Zürich (EIZ) geschafft, den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski für eine Videocall-Rede zu gewinnen – der Saal proppenvoll mit Studierenden, Politiker*innen, Journalist*innen, die Erwartungen hoch. Und dann versagt der Ton. Immer wieder. Bis Selenski halb genervt, halb im Scherz die Hände in die Luft wirft und sagt: «Wenn wir immer diese Unterbrechungen haben, wäre es vielleicht einfacher, gleich mit den Fragen aus dem Publikum zu starten.»
Das wird dann getan. Mittels eines Online-Tools können die Anwesenden Fragen stellen. Andreas Kellerhals, Direktor und Markus Notter, Präsident des EIZ wählen einige davon aus und lesen sie vor. Darunter sind bessere aber auch weniger passende, angesichts der Situation in der Ukraine beinahe respektlose Fragen – etwa: «Wohin gehen Sie in die Ferien, wenn der Krieg vorbei ist?»
Der Ton bricht weiterhin regelmässig ab, und am Ende der Veranstaltung ist eine gewisse Enttäuschung im Saal zu spüren. Die Uni lädt den ukrainischen Präsidenten ein und bringt es dann nicht auf die Reihe, die Technik richtig zu handhaben.
Das sei nicht die Schuld des EIZ, mutmasst Kellerhals: «Es liegt nahe, wer die Verbindung zwischen Selenski und der Uni Zürich gehackt hat», lässt er sich im Anschluss an das Debakel von Züri Today zitieren. Die Swisscom habe gegenüber dem Institut einen Hacking-Vorfall bestätigt. Auch das Frage-Tool habe man angegriffen. Auf Anfrage der ZS sagt Kellerhals: «Es wurden etwa 300 Mitteilungen mit dem gleichen Inhalt gesendet, alles Schimpfrufe auf Selenski. Da war also offensichtlich jemand, der das Tool lahmlegen wollte». Ein Durchsehen jener Mitteilungen zeigt: Bei den von Kellerhals angesprochenen Schimpfrufen handelt es sich um die Frage, weshalb ukrainische Diplomatensöhne ausreisen und studieren dürften, während es allen anderen Männern untersagt sei.
So weit, so mysteriös.
Etwa zugleich lässt Beat Müller von der Kommunikationsabteilung der Uni Zürich von sich hören: Es gebe keine Hinweise auf einen Hackerangriff. Auch Annina Merk, Pressesprecherin der Swisscom, kann die Aussage Kellerhals’ nicht bestätigen.
Kellerhals klärt auf
Hat das EIZ also etwas vermasselt und eine Ausrede gefunden?
Im Gespräch krebst Kellerhals zurück: «Mitarbeitende vom Europa Institut haben mir gesagt, laut Swisscom habe es einen Hackerangriff gegeben. Aber ich konnte das selbst nicht verifizieren, ich verstehe ja nichts davon.» Man sei noch am abklären, wo die wirkliche Ursache liege. Des Weiteren sei man von der Presse befragt worden, bevor man die Stellungnahme von Beat Müller gehabt habe – deshalb die sich widersprechenden Aussagen.
Trotzdem verteidigt Kellerhals seine These: «Wir arbeiten für unsere Veranstaltungen schon seit Jahren mit einem sehr professionellen externen Unternehmen zusammen, das auf solche Technik spezialisiert ist. Es gab bis jetzt nie Probleme. Ich denke nicht, dass der Fehler bei dem Unternehmen liegt.» Auf ukrainischer Seite vermute man zudem ebenfalls, dass Russland hinter den Störungen stecke. «Auch wird ein russischer Hackerangriff wohl nicht allzu primitiv gemacht worden sein, wenn es denn einen gegeben hat.»
Kellerhals kann sich also vorstellen, dass noch etwas ans Licht kommt – die entsprechenden Untersuchungen sind abzuwarten.