Nachts im Kino
Kulturspalte — Ein neues Kino-Format lädt zur späten Stunde ins Riff Raff. Ein Erlebnisbericht.
Es ist Samstagabend, zehn Uhr dreissig, das Foyer des Zürcher Arthouse-Kinos Riff Raff ist menschenleer. Etwas ängstlich schleiche ich an die Kasse und kaufe mir ein Ticket für die Riff Rough Night. Hoffentlich werde ich mir den US-amerikanischen Horrorklassiker «Final Destination» von James Wong zum Glück aber nicht alleine anschauen müssen. Denn das Format des Vereins «Never Watch Alone» hat zum Ziel, das gemeinsame Filmeschauen im Kino zu zelebrieren. Die Riff Rough Night findet seit März dieses Jahres statt. Im Rahmen der Veranstaltung werde jeden ersten Samstag im Monat um elf Uhr ein «auserlesener Film» gezeigt, welcher «sich besonders gut für das kollektive Filmerlebnis eignet», erklärt Lorenzo Berardelli, der Co-Präsident des Vereins.
Vor dem Kino treffe ich Berardelli und Primo Mazzoni, den Besitzer des Vereins. Für sie ist es die letzte Riff Rough Night, die sie organisieren. Ab jetzt werden sie sich ihrem ursprünglichen Projekt namens «8 Hours of Horror» widmen: einem Horrorfilm-Marathon, welcher an Halloween zum dritten Mal stattfindet. Doch das Riff Raff wird die Riff Rough Night weiterführen. Denn das Konzept scheint zu funktionieren; der Anlass sei laut Kinobetrieb für eine Spätvorstellung gut besucht. Es kämen auch nicht nur Horrorfans auf ihre Kosten. Wichtig bei der Filmauswahl sei laut Veranstalter*innen, dass der Film dem «Charme einer Nocturne» entspreche. So fanden in dem Rahmen auch schon Vorpremieren statt, zuletzt jene des schillernden Science-Fiction-Films «Everything Everywhere All At Once» von Daniel Kwan und Daniel Scheinert.
Bildungslücke in Sachen Horror geschlossen
Endlich beginnt die Vorstellung. In die Kinosessel haben sich insgesamt gerade mal fünf weitere Zuschauer*innen fallen gelassen. Mazzoni und Berardelli begrüssen den Saal und führen kurz in den Film ein. «Final Destination gelang es im Erscheinungsjahr 2000, dem damals eher unbeliebten Horrorgenre wieder neues Leben einzuhauchen». Mazzoni muss über seine eigene Formulierung schmunzeln, und fügt an: «mit viel Tod». Während des Films raschelt der Typ in der vordersten Reihe in seiner Popcorntüte, das Pärchen in der hintersten Reihe kommentiert ab und zu das Geschehen auf der Leinwand. Und wenn der Film eine absurde Wendung nimmt, hört man Lacher. Ich nippe an meinem Bier und schaue zu, wie eine Gruppe Jugendlicher versucht, ihrem Schicksal zu entfliehen.
Der Film unterhält mich, auch wenn er sich teilweise etwas in die Länge zieht. Trotzdem bin ich froh, diese Bildungslücke in Sachen Horror- und Filmgeschichte nun geschlossen zu haben. Denn allein wäre ich wohl nicht auf die Idee gekommen, mir diesen Film anzusehen. Die grosse Stärke des Formats: das sorgfältig auserlesene Programm. Auf die Frage, warum man sich den Streifen an der Riff Rough Night ansehen solle, antwortet Berardelli: «Wir alle wissen, wie viel besser ein Filmerlebnis im Kino ist». Neben besserem Ton sei der soziale Aspekt zentral. «Nirgendwo sonst sind deine Emotionen beim Filmeschauen so gross wie im Kino, sie werden gar durch die der anderen intensiviert. Und danach tauschst du dich vielleicht noch an der Bar über den Film aus.» Letzteres hat sich für mich leider nicht ergeben. Ich werde dem Format aber sicher noch eine zweite Chance geben.