Diese Studis setzen sich für Nachhaltigkeit an Hochschulen ein. Annalena Schmid

Eine nachhaltige Erfolgsgeschichte

Die Nachhaltigkeitswoche findet zum 10. Mal statt. Trotz Institutionalisierung bleibt sie innovativ.

1. März 2022

Studierende für das Thema Nachhaltigkeit sensibilisieren, sie zum kritischen Denken, Diskutieren und konkreten Handeln anregen – dies ist das Ziel der Nachhaltigkeitswoche Zürich. Diese findet vom 4. bis 12. März 2022 bereits zum zehnten Mal statt. Über 50 Events werden an den fünf Zürcher Hochschulen Uni Zürich, ETH, ZHAW, ZHdK und PH Zürich angeboten, organisiert von rund 100 freiwilligen Helfer*innen. Hinter dem Anlass steht der Verein Nachhaltigkeitswoche Zürich, der sich das ganze Jahr über für die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung an den Zürcher Hochschulen einsetzt. Der Vorstand des Vereins begleitet nicht nur die Organisation der Nachhaltigkeitswoche, sondern engagiert sich auch in den Bereichen Hochschulpolitik und Mensa für ein stärkeres Bewusstsein für Nachhaltigkeit. Dass Nachhaltigkeit viel mehr als nur den Umgang mit der Klimakrise bedeutet, zeigt sich auch beim Blick ins Programm der Nachhaltigkeitswoche, denn dieses präsentiert sich äusserst vielfältig.

Die Nachhaltigkeitswoche wird am Freitag, 4. März, mit einem Jubiläumsanlass unter dem Motto «The Power of Diversification» eröffnet, an welchem mit Vertreter*innen anderer studentischer Nachhaltigkeitswochen der Schweiz das zehnjährige Bestehen gefeiert wird. Jeder weitere Tag widmet sich dann einem spezifischen Thema. Gestartet wird am folgenden Montag mit Events zur Eindämmung und Anpassung an den Klimawandel. Weiter geht es am Dienstag mit Inputs zu nachhaltigem Unternehmertum, tags darauf folgt der Schwerpunkt «biologische Vielfalt». Mit den Themen Verhaltensänderung und Do-It-Yourself befassen sich die Anlässe am Donnerstag und Freitag. Abgeschlossen wird die Woche am Samstag, 12. März, mit einer Party am Irchel.

Die Themen werden dabei unterschiedlich aufgegriffen: Podiumsdiskussionen gehören genauso zum Programm wie Workshops, bei denen die Teilnehmenden praktische Dinge lernen können. «Wichtig ist uns dabei, dass alle Events kostenlos und öffentlich sind», erklärt Louisa Forestier, welche für die Kommunikation der Nachhaltigkeitswoche zuständig ist.

Da das Kernteam jedes Jahr neu gebildet wird, befindet sich die Nachhaltigkeitswoche in einem steten Entwicklungsprozess. Neu liegt der Fokus stärker auf der Internationalisierung des Events. «Unsere Veranstaltungen werden jetzt grösstenteils auch auf Englisch angeboten, womit wir einen grösseren Personenkreis erreichen wollen», so Louisa. Wichtig sei ihr auch, dass alle Interessierten in ihrem individuellen Prozess hin zu einem nachhaltigeren Lebensstil begleitet werden. «Wir möchten niemanden verurteilen und auch Personen ansprechen, die sich vorher kaum mit Nachhaltigkeit auseinandergesetzt haben», so Renata Magallon, Verantwortliche fürs Programm der diesjährigen Nachhaltigkeitswoche.

Was bedeutet Nachhaltigkeit?

Das Wort Nachhaltigkeit ist derzeit omnipräsent – dies stellt auch Jon Went fest. Er engagiert sich seit 2017 für die Nachhaltigkeitswoche, zuerst im Kernteam, nun als Co-Präsident des Vereins. Einerseits freue er sich, dass Nachhaltigkeit stärker thematisiert wird, andererseits gehe damit auch eine gewisse Verwässerung des Begriffs einher. «Wir denken Nachhaltigkeit auf einer ökologischen, sozialen und ökonomischen Dimension», so seine Definition. Dabei gelte das Vorrangprinzip, welches Nachhaltigkeit als Maxime bei jeglichem Handeln einfordert. Das heisst: Nur eine Gesellschaft und eine Wirtschaft, welche sich innerhalb der planetaren Grenzen bewegt, kann sich nachhaltig entwickeln.

«Nachhaltigkeit soll bei jedem Handeln die Maxime sein.»
Jon Went, Co-Präsident Nachhaltigkeitswoche Zürich

Blickt Jon zurück auf die letzten zehn Jahre, sieht er als grösste Veränderung, das heterogener gewordene Team hinter der Nachhaltigkeitswoche. Stolz sei man auch darauf, dass die Hochschulen – auf Initiative der Nachhaltigkeitswoche – eigene Stellen geschaffen haben, welche sich der Nachhaltigkeit annehmen. «Trotzdem wünschen wir uns, dass das Thema noch stärker in die Kultur der Hochschulen implementiert wird», ergänzt Anita Ni, welche für die Hochschulpolitik im Verein zuständig ist.

Gemeinsam eine Veränderung anstossen

Seit August schon ist das Kernteam mit der Organisation der Nachhaltigkeitswoche beschäftigt. Was motiviert Anita am Projekt? «Die Nachhaltigkeistwoche bietet eine Experimentierfläche, um Neues anzustossen und etwas zu verändern.» Von einem grossen Empowerment-Gefühl spricht auch Jon. Louisa und Renata schätzen derweil das Gemeinschaftsgefühl und die neu geknüpften Kontakte.

Und wo soll die Nachhaltigkeitswoche in zehn Jahren stehen? «Wir hoffen, dass die Nachhaltigkeitswoche gut altert, sich stets weiterentwickeln kann und damit nachhaltig bleibt», sagt Louisa. «Es wäre schön, wenn sich Studierende in Zukunft ihr freiwilliges Engagement anrechnen lassen könnten, sei es als ECTS-Punkte oder sonstige Anerkennung von Seiten der Hochschulen», wünscht sich Anita.

Auch in der Unipolitik setzt sich der Verein für eine nachhaltige Entwicklung ein und tauscht sich dafür mit Vertreter*innen der Nachhaltigkeitskommissionen der verschiedenen Hochschulen aus. Die Uni Zürich fördert dabei eine «nachhaltige Entwicklung» auf zwei Ebenen: durch die Inhalte der Lehre und Forschung sowie durch vorbildliches Handeln auf der operativen Ebene. Lorenz Hilty, Delegierter für Nachhaltigkeit an der Uni, erläutert die jüngsten Entwicklungen: «Wir haben beispielsweise mit anderen Zürcher Hochschulen das Zurich Knowledge Center for Sustainable Development gegründet.» Weiter hat die Uni Zürich die «School for Transdisciplinary Studies» eingeführt, die auch Lehrangebote zum Thema nachhaltige Entwicklung schafft. Die Universitätsleitung hat zudem beschlossen, bis 2030 klimaneutral zu werden. Hierfür müssten beispielsweise die Forschenden ihre Flugreisen reduzieren, denn diese würden bereits mehr zum Klimawandel beitragen als der gesamte Strom- und Wärmeverbrauch der Uni Zürich.

Mangelnde Präsenz an der Uni

Für die Nachhaltigkeitswoche findet Hilty viel Lob: «Die Woche ist eine wunderbare Erfolgsgeschichte. Sie hat es immer wieder geschafft zu zeigen: Business as usual ist im heutigen Zustand der Welt keine Option mehr.» Das Wesentliche geschehe aber in den Köpfen aller Menschen. Hilty fordert, dass die Wissenschaftler*innen ihre Verantwortung wahrnehmen: «Wir müssen einsehen, dass man besser gestern als heute die Treibhausgasemissionen drastisch reduziert. Wenn wir als Forschende in einem reichen Land aus den Klimafakten keine erkennbaren Konsequenzen ziehen, wer soll sonst damit anfangen?»

Trotz den Bestrebungen der Uni, der Nachhaltigkeit mehr Platz einzuräumen, fehlt es dem Thema oft an Präsenz im Uni-Alltag. Es ist zu hoffen, dass durch Projekte wie die Nachhaltigkeitswoche noch mehr Personen auf die Wichtigkeit des Themas sensibilisiert werden.

Die Nachhaltigkeitswoche Zürich kann vom 4. bis 12. März 2022 an fünf Zürcher Hochschulen und weiteren Event-Locations besucht werden.

www.nachhaltigkeitswoche.ch.

Die aktuellen Covid-Regeln richten sich nach den Vorgaben der jeweiligen Hochschulen.