Stephanie Caminada

Fleisch ohne Schlachthof

Planted hat eine Fleischalternative auf Erbsen-basis entwickelt. Von der Fabrik in Kemptthal aus will das ETH-Spin-off die Lebensmittelindustrie verändern.

6. Dezember 2021

Durchs Kemptthal wehte einst der Duft von Bouillon. Als Julius Maggi 1869 den Mühlebetrieb seines Vaters übernahm, sollte ihn dieser zum Pionier der Lebensmittelproduktion machen. Maggi erfand Brühwürfel und Fertigsuppen auf Basis von gemahlenen Hülsenfrüchten, die nährstoffreich waren und eine rasche Zubereitung ermöglichten. Über 150 Jahre später will am selben Ort das ETH-Spin-off Planted die Lebensmittelproduktion erneut «revolutionieren» – und zwar auch mit einer Hülsenfrucht, der Erbse.

Produktion im Glashaus

In Kemptthal angekommen, ist da erst mal nur ein Bahnsteig. Doch tritt man aus der Unterführung, zieht ein gelber Schriftzug den Blick auf sich: «The Valley» – und eine Fabrikstadt wird sichtbar. Auf den 100’000 Quadratmetern Fläche zwischen Zürich und Winterthur, dem ehemaligen Areal der Maggi-Fabrik, haben sich bereits 111 Firmen angesiedelt. Mit Platz für mehr.

In eines der Fabrikgebäude ist letztes Jahr Planted gezogen. Ähnlich wie Maggi, wenn auch aus anderen Überlegungen, will das Start-up «die Ernährung grundlegend umdenken», und zwar unter dem Motto: «Skip the animal», wie Sidonia Egli, Brand- Managerin bei Planted, erklärt. Also weg von tierischen hin zu pflanzlichen Proteinen, zum Schutz der Umwelt. Dazu haben die vier Gründer Pascal Bieri, Lukas Böni, Eric Stirnemann und Christoph Jenny einen Prozess entwickelt, der Erbsen in Poulet umwandelt. Aus nur vier Zutaten, Gelberbsen, Wasser, Rapsöl und Vitamin B12, entsteht Planted Chicken, so der Name ihres ersten Produkts, ein Imitat, das in Aussehen, Textur und Geschmack fast wie das Original daherkommt.

Als Planted 2019 gegründet wurde, produzierte das Team sein Produkt noch in einer Pilotanlage im Lebensmittelinstitut der ETH. Seit letztem Jahr hat das Spin-off in Kemptthal eine eigene Fabrikstätte. Ins Backsteingebäude wurde ein Glashaus eingebaut, aus Hygienegründen, aber auch um die Transparenz der Produktion hervorzuheben. Anders als bei der Fleischproduktion nämlich soll jeder und jedem «ein Blick hinter die Kulissen» ermöglicht werden, so Egli. Nah an die Maschinen heran kommt man zwar nicht, aus der Vogelperspektive lässt sich der Prozess aber ungefähr verfolgen.

Über dünne Rohre wird Erbsenprotein in Pulverform in den sogenannten Extruder gepumpt, durch den eine Art Teig entsteht, ähnlich wie bei Pasta. Bei dieser Verfahrenstechnik wird die Masse unter Druck und Hitze durch eine Düse gepresst. So entsteht die typisch faserige Struktur. Die Masse wird geschnetzelt und von Mitarbeiter*innen in violetter Arbeitskleidung handverlesen, um allfällige Abweichungen der Stückgrösse auszubessern. Schliesslich werden diese veganen Fleischstücke abgepackt, für den Einzelverkauf oder für die Gastronomie, fürs Inland oder den Export.

Bis zu acht Tonnen Masse pro Tag

Die bisher sieben Produkte, darunter etwa Planted Pulled, eine Art pflanzliches Schweinefleisch, oder Planted Kebab, werden ausschliesslich in der Fabrik in Kemptthal produziert – das sind bis zu acht Tonnen Masse pro Tag. Abnehmer*innen finden sie in der Schweiz und ihren Nachbarländern sowie England. In der näheren Zukunft soll ein zweiter Produktionsstandort eröffnet werden. Im Vergleich zur Fleischproduktion sei Planted viel effizienter, denn von den Zutaten zum fertigen Produkt dauere es, etwa beim Planted Chicken, nur 25 Minuten, sagt Egli. Im Jahr 2020 wurden in der Schweiz durchschnittlich 50,91 kg Fleisch pro Kopf verbraucht, so steht es im Agrarbericht des Bundes. Gemäss Myclimate würden sich die CO2-Emissionen für Ernährung aber bereits um 17 Prozent verringern, wenn die Schweizer Bevölkerung nur jeden zweiten Tag Fleisch essen würde.

Planted hat den eigenen Verbrauch von Eaternity berechnen lassen, einem Schweizer Unternehmen, das den Umwelt-Fussabdruck der Lebensmittelindustrie analysiert. Das Ergebnis zeigt, dass die Produktion von Planted Chicken im Vergleich zu Schweizer Poulet 74 Prozent weniger CO2 produziert und 46 Prozent weniger Wasser verbraucht. «Wir arbeiten deutlich ressourceneffizienter und nachhaltiger », sagt Egli. Planted verwende zudem nur natürliche Zutaten, keine Zusatzstoffe oder künstliche Aromen, und das Planted Chicken enthalte einen vergleichbaren Proteinanteil zu herkömmlichem Poulet.

Aber wieso soll Vegetarisches oder Veganes wie Fleisch aussehen? «Fleisch ist in gewisser Weise Teil unserer Kultur, Teil unserer Traditionen», sagt Egli. Mit Planted könne man das Fleisch in den Rezepten, die man bereits kennt, ersetzen und sie damit wie gewohnt kochen. «Man muss also keine Kompromisse eingehen», sagt Egli. Die Anwendung soll damit vereinfacht, eine Hürde beim Umdenken vermindert werden. So zielt Planted insbesondere auf Flexitarier, die nicht strikt vegetarisch oder vegan sind, sondern ihren Fleischkonsum minimieren wollen, indem sie ab und zu das Fleisch im Gericht durch eine pflanzliche Alternative ersetzen, sagt Egli.

Fast 40 Millionen Franken hat Planted bereits von Investoren erhalten, über 100 Gastrobetriebe, darunter das Hiltl, sind Kund*innen und seit vier Wochen ist das neueste Produkt, das Planted Schnitzel, erhältlich. Eine Forschungsabteilung von etwa 30 Leuten arbeitet kontinuierlich an neuen Technologien, um in Zukunft weitere Produkte zu lancieren. Ob Planted wie Maggi zur Weltmarke wird, wird sich zeigen. Doch hinsichtlich der Dringlichkeit der Klimakrise wird das Spin-off vermutlich zunehmend an Relevanz gewinnen.

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Code: ZS20-Planted

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