Neben Büchern findet sich bei Trösch auch eine grosse Auswahl an Musiknoten. Marina Haq

«Ich bin im 19. Jahrhundert beheimatet »

Das Antiquariat von Armin Trösch hält historische Trouvaillen am Leben.

5. Dezember 2021

Wenn man auf der Rämistrasse vom Kunsthaus Richtung Bellevue hinunterspaziert, entdeckt man auf halbem Weg rechter Hand ein kleines charmantes Antiquariat. Obwohl sich über die Jahre vieles in der Umgebung verändert hat – das Kunsthaus hat einen Neubau erhalten, die angrenzenden Galerien und Ladenkonzepte wechselten –, scheint die Zeit für das Antiquariat Trösch stillzustehen.

Beim Betreten des Geschäfts ist man umzingelt von Bücherstapeln. Daneben finden sich rare Musiknoten und etliche Büsten, vor allem von berühmten Komponisten und Dichtern. Um etwas zu finden, muss man danach stöbern – oder um Rat fragen. Und so gerät man in ein Gespräch mit Armin Trösch, der am gleichen Ort auch Gespräche mit prominenten Kund*innen geführt hat, etwa mit den Schriftstellern Max Frisch und Elias Canetti.

In die Zeit zurückversetzt

Das Antiquariat ist das Lebensprojekt von Armin Trösch. Seit über 42 Jahren leitet der 82-jährige gelernte Buchhändler den Laden. Er hatte schon als Kind ein grosses Interesse an Büchern und investierte all sein Taschengeld in Literatur. Die Mittwochnachmittage verbrachte er in der Bibliothek oder im Antiquariat. Mit 11 Jahren begann er Bücher zu sammeln. «Ich habe angefangen, alles zu lesen, was es gibt, alles, was ich in die Hände bekommen habe», sagt Trösch. Seit seiner Lehre arbeitet Trösch nun schon fast 70 Jahre lang im Buchhandel. Von allen Antiquar*innen in der Schweiz habe er sein Geschäft am längsten, sagt Trösch. Was sein Antiquariat einzigartig macht, ist nicht nur sein Alter, sondern auch, dass es ein Spezialgebiet hat: Musik. Bevor Trösch das ganze Geschäft nach dem Tod seines Vorgängers Melchior Britschgi übernommen hat, hatte er dessen Keller gemietet, um sich dort auf den Verkauf von Musiknoten zu spezialisieren. Er habe mehr Musikbücher und Musiknoten als jedes andere Geschäft, inklusive Hug oder damals noch Jecklin, behauptet Trösch.

Wie die Vorliebe für Bücher stammt auch die Leidenschaft für Musik aus seiner Kindheit. «Ich habe immer eine Vorliebe für Musik gehabt und speziell für den Komponisten Richard Wagner», sagt der Antiquar. Nachdem Armin Trösch 36 Jahre lang Präsident der Schweizerischen Richard-Wagner-Gesellschaft war, ist er dort nun Ehrenpräsident. Indem Trösch die Musik im Antiquariat miteingliedern konnte, habe er sein Hobby mit dem Beruf kombiniert, sagt er.

Dem digitalen Wandel trotzen

Seit der Digitalisierung hat sich die Form vieler Geschäfte verändert, sei es durch eine Webseite oder durch soziale Medien. Viele Antiquar*innen haben den Fokus ins Internet verlegt, wo sie ihre Bücher online, etwa über das Zentrale Verzeichnis Antiquarischer Bücher, verkaufen.

Seit dieser strukturellen Veränderung besitzen viele Antiquar*innen keinen Laden mehr, dafür aber Lagerräume, wo sie ihre Bücher aufbewahren. Armin Trösch hat sich dem digitalen Wandel entzogen: «Ich bin im 19. Jahrhundert beheimatet und bin kein ‹Technik-Freak›.» Ihm sind die Nachteile aber bewusst, die durch den Mangel einer Onlinepräsenz auftreten und die gerade auch während des Shutdowns, als das Geschäfts schliessen musste, ersichtlich wurden. Zudem vereinfacht das Internet, bestimmte Bücher schnell ausfindig zu machen. Den traditionellen, analogen Weg zu nehmen, hat aber auch etwas Nostalgisches. Armin Trösch ist damit ein Bewahrer einer vergangenen Zeit und ein Unikat, genauso wie sein aussergewöhnlicher Laden.