Gedankensprünge

Kolumne

19. April 2021

Hochkonzentriert summt neben mir die erste Eintagsfliege 2021, sprudelt hinter mir aus Corona-Distanz der Wasserkocher, schlurft im Obergeschoss mein Mitbewohner ins Badezimmer, surrt vor mir der Computer und darauf… ja, auf der einladend-kuscheligen Tastatur schnurrt mein Kater. Er: ungestresst, ich: unigestresst, er: Team, ich: Work. Doch aus welchen Beweggründen hat mein Kater ausgerechnet meine Tastatur als Schlafplatz erwählt? Möglicherweise war da nur der eine, der allen Vierpfoten eigen ist: Der Wunsch nach Aufmerksamkeit.

Nach doch einigen Stunden Zoom-Erfahrung getraue ich mich zu behaupten, dass es einigen Studierenden nicht anders ergeht. Wir unterscheiden zwischen zwei typischen Verhaltensmustern. Zur ersten Gruppe gehören all jene, die gewollt auffallen möchten. Symptome dafür sind der exzessive Gebrauch der Hand-hebe-Funktion, der Daumen-nach-oben-Icons und das ungestüme Applaudieren, noch ehe die Referent*innen den Vortrag beendet haben. Mehr detektivisches Können verlangt der zweite Typus.

Hierfür muss man auf die geheimnisvollen Töne, die den nicht-ausgeschalteten Mikrofonen entweichen, achten. Gruppe zwei hegt nämlich nicht die Absicht aufzufallen. So kommentiert sie statt mit Emojis mit aufrichtig herzlichen Gähn-Geräuschen die Vorlesung. Brot-Knuspern, Kaffee-Schlürfen und Balisto-Riegel-Papier-Rascheln häufen sich in den Nachmittags-Modulen. Ob gewollt oder nicht: Mit abnehmender Aufmerksamkeitsspanne nehmen die Raschelgeräuschen hinter allen Bildschirmen zu.

Gedankensprünge aus dem Corona-Alltag von unserer Kolumnistin Kate Maier