Studentischer Widerstand
In Belarus müssen Studierende Inhaftierung fürchten. Was kann internationale Solidarität bewirken?
Seit der Wiederwahl von Alexander Lukaschenko im August 2020 protestieren Tausende von Menschen landesweit gegen das repressive Regime, darunter auch zahlreiche Studierende. International wird die friedliche Demokratiebewegung breit unterstützt. Auch der Verband der Schweizer Studierendenschaften (VSS) solidarisiert sich mit den Studierenden in Belarus. Ende November wendete sich der VSS in einem offenen Brief an die belarussische Botschaft in Bern und schrieb: «Wir solidarisieren uns mit den belarussischen Studierenden und Jugendlichen.»
Rufe nach Gerechtigkeit
Der Verband fordert die sofortige Einstellung der gewaltsamen Unterdrückung und Inhaftierung von Studierenden, die Respektierung der Menschenrechte und die Einstellung jeglicher Behinderung der friedlichen studentischen Demonstrationen und Meinungsäusserungen. Sechs Monate sind seit den Wahlen vergangen, aber die Gewalt gegen Demonstrant*innen in Belarus sorgt weiterhin für Schlagzeilen. Oraz Myradov, internationaler Sekretär der Belarusian Students Organisation (BSA), berichtet über die aktuelle Lage für Studierende: «Nach den Massenprotesten im August und September haben viele Studierende begonnen, unabhängige Streikkomitees zu bilden und sich zu organisieren – das ist ein gutes Zeichen.» Doch die Reaktion der Universitäten auf die Demokratiebewegung bleibt unverändert: So wird die «Riot Police» eingeschaltet und Informationen über protestierende Student*innen werden an Sicherheits- und Geheimdienste weitergegeben. «Aufgrund der Bemühungen der Universität werden Protestierende und Aktivist*innen inhaftiert», beklagt Myradov. Er verweist auf Berichte, die auf der Webseite der BSA zu finden sind, die Verstösse gegen verschiedene Grundrechte von Studierenden dokumentieren und inhaftierte Studierende vorstellen.
Solidarisch – und jetzt?
Aber nicht auf jede politische Unruhe folgen Aufrufe im Rahmen der internationalen Studierendenschaft. Elischa Link von der Kommission für Internationales und Solidarität vom VSS erklärt, weshalb sich der VSS in diesem Fall öffentlich positioniert hat: «Die Studierenden in Belarus waren von Anfang an sehr stark in die Proteste involviert und gerieten dementsprechend rasch in den Fokus der Gegenmassnahmen der Regierung. Dieses gezielte Vorgehen gegen Studierendenvertreter*innen unterscheidet sich von anderen Unruhen und war für unsere Position ausschlaggebend.» Tatsächlich folgten die belarussischen Studis schon früh dem oppositionellen Aufruf zum Generalstreik. Sich solidarisch zu zeigen ist ein erster Schritt. Doch wie geht es danach weiter? Elischa Link führt aus, wie auf den offenen Brief des VSS reagiert wurde: «Unsere Anliegen wurden vom belarussischen Botschafter zur Kenntnis genommen und mit einer russischen Übersetzung an die verantwortlichen Ämter in Belarus weitergeleitet.» Was für Auswirkungen internationale Solidaritäts-Aufrufe konkret hätten, sei schwer abzuschätzen, sagt auch Myradov. «Unsere Errungenschaften sind Teil einer grossen Bewegung, die wir schlussendlich der gemeinsamen Arbeit aller Beteiligten zu verdanken haben.» Als Beispiel für eine solche Errungenschaft nennt er im Ausland angebotene Stipendien und Praktika für unterdrückte Student*innen. Elischa Link teilt diese Einschätzung: «Wir sind davon überzeugt, dass es den Studierenden in Belarus hilft, wenn die Verantwortlichen merken, dass die Situation international beobachtet wird.»