Foodwaste an der Wurzel packen
Der neue Laden des Vereins Grassdirectused will eine Alternative zum Grossverteiler sein.
Mit einer unkonventionellen Rettungsaktion hat der Verein Grassdirectused im Sommer 2018 das erste Mal auf sich aufmerksam gemacht. Ein Zürcher Biobauer sass auf rund 30 Tonnen Tomaten fest. Die einzige Aussicht: die Biogasanlage. Kurzerhand starteten die jungen Aktivist*innen des Vereins einen Aufruf und verkauften das Gemüse auf offener Strasse. Fast alle Medien berichteten. Weitere Aktionen zur Problematik Foodwaste folgten. Nun hat Grassdirectused Ende Juni dieses Jahres ihren eigenen Laden in Zürich eröffnet – die Rampe21 soll ein Gegenmodell zum gewöhnlichen Supermarkt bieten.
Für 30 Franken Gemüse retten
Beim Betreten des Geschäfts merkt man schnell, dass dies kein gewöhnlicher Bioladen ist: Das grelle Licht und die kahlen Böden zeugen mehr von Funktionalität als von Ästhetik. «Wir verkaufen vor Ort nicht nur unsere Produkte, sondern arbeiten auch hier», erklärt Dominik Waser, Mitbegründer von Grassdirectused. Deswegen hätte man den Ort auch «Rampe» genannt. Zusammen mit zwei Freunden leitet der 22-Jährige die Rampe21 und den dahinterstehenden Verein Grassdirectused.
«Begonnen hat alles mit dem Thema Foodwaste», erzählt Waser. Das Problem liege hauptsächlich beim «System Grossverteiler» und dessen verhärteten Strukturen: Die Grossverteiler bestimmten die Qualitätsnormen des Gemüses und gäben den Landwirt*innen keine Abnahmegarantien, sodass oft zu viel produziert werde. Zudem möchten die Grossverteiler jederzeit alles anbieten können. Grassdirectused will ihnen hierbei Paroli bieten und entwickelte deshalb das Gemüseretter*innen-Abo: Alle zwei Wochen bekommt man für 30 Franken sechs Kilogramm saisonales Gemüse nach Hause geliefert, das den Landwirt*innen durch Grossverteiler nicht abgenommen wird, weil es zu dick, zu dünn, krumm oder einfach überschüssig ist.
Neue Struktur für Lebensmittel-Läden
Doch ändern solche Rettungsaktionen wirklich etwas am Grundproblem? «Das Abo ist systemerhaltend, da das Problem Foodwaste nicht verschwindet, wenn wir Gemüse retten – uns war das von Anfang an klar», stellt Waser klar. «Doch sind wir überzeugt, dass die Sensibilisierungsarbeit geleistet werden muss.» Die Leute auf dieses Thema aufmerksam zu machen, sei ein zentrales Anliegen. Dass mit den Kleinbauern und -bäuerinnen auf den Märkten konkurriert wird, nehmen die jungen Aktivist*innen dafür in Kauf. «Will man das Problem auf lange Sicht lösen, müssen wir die Strukturen anders aufbauen, das heisst aus dem ‹System Grossverteiler› aussteigen und eine alternative Struktur von den Produzent*innen bis zu den Konsument*innen bieten.»
Genau dies versucht Grassdirectused mit der Rampe21 zu verwirklichen. Im Laden wird heute vor allem Gemüse von kleinen Betrieben aus der Region angeboten, die sich der nachhaltigen Landwirtschaft verschrieben haben. Ergänzend dazu werden Grundnahrungsmittel verkauft, alles entweder Bio- oder Demeter-zertifiziert und nur in grossen Mengen erhältlich, um die Preise zu senken. Organisiert ist die Rampe heute als GmbH, Ziel ist es jedoch, eine demokratische Genossenschaft zu bilden. Als «Rampenmitglied» bei der Kooperative darf man die Produkte mit einer 10-Prozent anstatt 30-Prozent-Marge beziehen, muss aber monatlich einen Beitrag zahlen. Das soll auch ein Anreiz für Studierende sein: «Es geht uns auch darum, jungen Leuten, die zum Beispiel in einer WG wohnen, eine Möglichkeit zu schaffen, nachhaltig hergestellte Produkte zu fairen Preisen zu beziehen.»