Die Photobastei verschwindet von der Bildfläche
Zürich verliert einen wichtigen alternativen Kulturort.
Es ist Samstagabend, 21.30 Uhr. Langsam füllt sich die Bar der Photobastei mit Besucher*innen. Die Live-Band steht bereit und beginnt gleich zu spielen. Alle kommen sie, um ein letztes Mal an Romano Zerbinis traditionsreicher Geburtstagsfeier teilzunehmen, die hier jährlich stattgefunden hat. Hört man sich unter den Besuchenden um, erfährt man viel Übereinstimmendes: Begeisterung über das Programm des Museums und Frust über dessen Schliessung Ende Juni. Nach fünf Jahren ständigen Kämpfens um das finanzielle Überleben und fehlender Unterstützung seitens der Stadt ist dem vierköpfigen Kernteam um den Leiter Zerbini die Luft ausgegangen.
Schliessung trotz grosser Popularität
Dabei mangelte es nicht an Besucher*-innen und Angebot. In der Photobastei konnten aufgrund der niedrigen Mietpreise und ihrer konzeptionellen Offenheit von jungen ZHdK-Studierenden bis zu bekannten Fotograf*innen alle ihre Werke ausstellen. Erst letzten Herbst liess die Ausstellung «Stand with Hong Kong Journalists» aufhorchen. Gezeigt wurde eine Sammlung journalistischer Fotografien, die einen Blick auf die Protestbewegungen in Hong Kong gewährten. Die Ausstellung war ein Publikumserfolg.
Ebenfalls erfolgreich war ein persönlicher Liebling Zerbinis Anfang letzten Jahres: «Raw Power», wo während zwei Monaten Bilder der Punkszene aus aller Welt zu sehen waren und im dritten Stock Konzerte stattfanden. Die Photobastei war mehr als nur Museum. Sie war zugleich Konzerthalle, Partyraum, Bar und kreativer Austauschplatz. Dies und die finanzielle Zugänglichkeit, machte sie in Zürich und Umgebung einzigartig und beliebt bei Studierenden, die in dem Lokal regelmässig Partys feierten, wie Zerbini im Gespräch verrät.
Stadt weigert sich zu helfen
Die idealistische Ausrichtung der privat finanzierten Photobastei hatte aber auch ihren Preis: «Wenn wir eine grosse Ausstellung haben, muss die sich durch die Eintritte finanzieren», so Zerbini. Es könne passieren, dass eine Ausstellung Misserfolg habe. Dann müsse die nächste Ausstellung die Einnahmen wieder wettmachen.
Dies sei während fast vier Jahren tatsächlich der Fall gewesen. «Im letzten Frühling fielen zwei Ausstellungen durch, ebenso die dritte nach der Sommerpause». Das habe ihn privat an die Grenze gebracht. «Da hätten wir eine jährliche Defizitgarantie von 50’000 bis 100’000 Franken gebraucht.» Die Stadt Zürich half dem Museum letzten Herbst mit einem einmaligen Beitrag über die Runden, gab aber keine Zusage für eine regelmässige Unterstützung.
«Kein Verständnis»
«Was Fotoausstellungen betrifft, steht die Photobastei durchaus in Konkurrenz zur Fotostiftung Schweiz und dem Fotomuseum in Winterthur», so der städtische Kulturdirektor Peter Haerle. Ausserdem sei das Projekt von Anfang an als nicht subventioniert geplant gewesen. Zerbini hat «wenig Verständnis» für diese Argumentation: «Sie zeugt für mich von Unkenntnis der Fotografieszene.» Sie hätten die Entscheidung der Stadt eher als Demütigung aufgefasst, denn als Einladung zu einer konstruktiven Diskussion über Zürcher Fotografie.
Derweil geht die Live-Musik zu elektronischer über und die Stimmung wird immer ausgelassener. Im Bewusstsein um die baldige Schliessung feiern alle noch einmal gebührend zu Ehren der Photobastei.