Die neue Mensa «Platte 14» setzt auf modernes Design.

Neue Uni-Mensa: Nachhaltig oder nicht?

Sarah Altin, die Betriebsleiterin der neu eröffneten Mensa Platte 14, setzt sich für mehr Nachhaltigkeit beim Uni-Essen ein. Trotz dem frischen Wind wird Altin auch in der Platte 14 nicht ausschliesslich nachhaltige Gerichte auftischen können – die Kund*innen wünschen Avocados in rauen Mengen.

18. November 2019

Stimmengewirr, das Klappern von Geschirr, warme Farben und viel Holz empfangen einem in der Mensa an der Plattenstrasse 14. Es ist kurz nach 13 Uhr, die Studierenden stehen Schlange. Die vegane Häppy Bowl ist bereits ausverkauft und auch die fleischbasierte Lucky Bowl geht zur Neige. Eine junge Frau hinter dem Tresen verfügt kurzerhand, dass der Couscous vom gestrigen Tag aufgewärmt wird. Auf die etwas mürrischen Stimmen auf der anderen Seite des Tresens – «das gab es aber gestern schon!» – reagiert sie gelassen und entspannt die Szene mit einem einfallsreichen Spruch.

Die Betriebsleiterin Sarah Altin, die mit ihrem Team seit Semesterbeginn in der Mensa an der Plattenstrasse 14 waltet, gönnt sich eine kurze Verschnaufpause. Altin war bis vor Kurzem Betriebsleiterin der veganen Mensa Rämi 59. Die sogenannte Platte 14 gehört immer noch zu den Unternehmungen des Zürcher Frauenvereins, das Konzept wurde jedoch überarbeitet und der Zeit angepasst. «Für mich stellt die Neuausrichtung eine spannende Herausforderung dar», gibt Altin als Grund für ihren Arbeitsortswechsel an. Und es scheint, dass das etwas spezielle Angebot gut ankommt: Frische Salate dominieren die Speisekarte. Zu den zwei Tagesmenüs gesellen sich auch glutenfreie Kuchen und vegane Leckereien. Wenn möglich wird mit biologisch angebauten Zutaten gearbeitet.

Lamm aus Neuseeland

Ganz der Philosophie der ZFV-Unternehmungen entsprechend wird Wert auf Saisonalität und Regionalität gelegt. Ein Blick auf die Speisekarte lässt jedoch stutzen; Lachs aus dem Atlantik und Lamm aus Neuseeland? Darauf angesprochen seufzt Altin: «Mir ist natürlich bewusst, dass Fleisch aus Übersee nicht ideal ist. Aber Lamm aus der Schweiz ist nun mal nicht bezahlbar und wir müssen der Kundschaft ein gewisses Mass an Abwechslung bieten, sonst läuft sie uns davon.» Deshalb können sie im Winter auch nicht nur Kohlgemüse und Kartoffeln anbieten. Des Weiteren stehen Lebensmittel wie Avocados – ungeachtet des hohen Wasserverbrauchs – täglich auf dem Speiseplan. Die Kund*innen wünschten es so.

Trotz Bemühungen um Nachhaltigkeit wird regelmässig Shrimp serviert.

Trotz Bemühungen um Nachhaltigkeit wird regelmässig Shrimp serviert.

Anders sieht dies Alexander Robert Herren (kriPo-Fraktion), studentisches Mitglied der Mensa-Kommission: «Ich finde, die Mensen sollen das neuseeländische Lamm oder die vietnamesischen Garnelen ganz vom Speiseplan streichen. Abwechslung können sie auch auf andere Art und Weise auf den Teller bringen.» Denn die Mensa-Kommission der Universität Zürich besteht aus 21 Mitgliedern und versteht sich als Meinungsbildungsorgan. Dazu gehört auch, dass sich die Kommission Gedanken zur Nachhaltigkeit der Mensen und Cafeterias macht. Aus der Sicht von Alexander könnten die Mensen durch den Einsatz von ausschliesslich einheimischem Fleisch an Legitimität gewinnen.

Er geht aber noch einen Schritt weiter: «Angesichts des weltweit viel zu hohen Fleischkonsums sollten die Mensen eine progressive Position einnehmen und zwei generelle, klimafreundliche Vegi-Tage einführen.» Weshalb die ZFV-Unternehmungen das Potential von nachhaltiger Ernährung nicht erkennen und ausnutzen, ist dem Studenten schleierhaft. «Vermutlich müssten dafür zuerst einige Frauen die männerdominierte Chefetage aufmischen», sagt er schmunzelnd.

Die Frage nach dem Preis

Der Wenn-immer-möglich-Bio-Standard rechtfertigt den höheren Preis, den Studierende für das vegane Menü bezahlen müssen. Biologisch angebaute Ersatzprodukte seien ein Vielfaches teurer als Fleisch, betont Altin. Für eine Portion Soja-Geschnetzeltes zahle sie im Einkauf rund 2.50 Franken, die Schweizer Sau ist etwa einen Franken billiger.

Bei Alexander Robert Herren nachgeforscht, schnaubt dieser zuerst einmal amüsiert: «Das sagen die Mensen immer!» Die studentischen Delegierten der Mensa-Kommission kämpfen schon länger dafür, dass nachhaltiges Verhalten gefördert und finanziell anerkennt wird. Bisweilen sind sie mit ihrer Preisreduktionsforderung für vegetarische und vegane Gerichte jedoch auf taube Ohren gestossen. «Den höheren Preis für das Vegi-Menü können wir uns wirklich nicht erklären. Nur die Spitzengastronomie, wie beispielsweise das Hiltl, kann solch einen happigen Preis einfordern», sagt Alexander. Was die ZFV-Unternehmungen mit dem mutmasslich generierten Mehrwert anstellen, bleibt im Dunkeln.

reCIRCLE auf dem Vormarsch

Lobende Worte finden die studentischen Delegierten jedoch für die neu eingegangene Kooperation zwischen den ZFV-Unternehmen und dem Verein reCIRCLE, die testweise bis Januar 2020 läuft. In der Platte 14, wie in den anderen Mensen auch, können die Kund*innen ihr Menü nur noch in der pinken reBOX mitnehmen. Diese Box kann abgewaschen und wiederverwendet werden, und trägt so zur Abfallreduzierung bei. Doch die Mensa an der Plattenstrasse 14 geht noch einen Schritt weiter: Wegwerfbecher und Plastikbesteck sucht man vergebens.

Auch in Bezug auf Lebensmittelverschwendung möchte die Platte 14 neue Wege beschreiten. Einerseits gibt es nur noch Standardportionen – wer danach noch Hunger hat, darf nachschöpfen gehen. Andererseits kann sich Altin eine Kooperation mit einem Verein, der nicht-regelkonformes Gemüse «rettet», sofort vorstellen. Weshalb es krumme Rüebli nicht ins Migros-Regal schaffen, sei nicht nachvollziehbar.

Es scheint, dass durch die Neugestaltung der Mensa an der Plattenstrasse 14 ein frischer Wind weht. Es bleibt zu hoffen, dass dieser auch an den verkrusteten Strukturen der ZFV-Unternehmungen zu rütteln vermag.