Von der Theorie zur Praxis

Drei Studierende berichten von ihren ersten Praktikumserfahrungen.

21. September 2019

Joy (Bild: Nuria Tinnermann).

Joy studiert Internationale Beziehungen in Genf und hat ihr Praktikum bei einer Organisation in Palästina und Israel absolviert. Dabei hat sie zum Beispiel bei der Durchführung von Kunst- und Musikstunden für Kinder mitgeholfen.

Bezahlung

«Das Praktikum war unbezahlt und ich musste für Flug und Essen selbst aufkommen. Besuche bei verschiedenen Organisationen und Vorträge von Spezialist*innen zum Konflikt waren lehrreich. Das fand ich keinen schlechten Deal. Das ist aber nicht immer der Fall bei internationalen Organisationen. Es ist generell eine Gratwanderung zwischen der effizienten Nutzung von Spende und einer fairen Entlöhnung.»

Fazit

«Ich finde es wichtig, sich bei Auslandpraktika Gedanken zur Herangehensweise zu machen. Es gibt einen Unterschied zwischen einem Praktikum, dessen Fokus aufs Lernen gerichtet ist und zu dem man seinen eigenen Hintergrund mitbringt, und Freiwilligenarbeit oder Volontourism. Letzteres hinterlässt oft einen neokolonialen Beigeschmack.»

Flavia (Bild: Nuria Tinnermann).

Flavia ist Psychologiestudentin, für sie ist ein Praktikum Pflicht. Sie hat als Praktikantin bei einer Anlaufstelle für Menschen mit Suchtproblemen gearbeitet. Dabei konnte sie bei Gruppentherapien assistieren und diese teilweise auch leiten, bei Einzelsitzungen mithören, Neurofeedback geben und Achtsamkeitsübungen mit Patient*innen durchführen.

Bezahlung

«Das Praktikum war bezahlt, was ich wichtig finde, auch wenn der Lohn eher tief ist. Der hohe Lerneffekt hat für mich den tiefen Praktikumslohn etwas ausgeglichen. Es war teilweise sehr streng, ich musste viel Zeit und Energie investieren.»

Fazit

«Grösstenteils konnte ich das bis anhin Gelernte überhaupt nicht bei der Arbeit anwenden. Schätzungsweise 20 Prozent des Unistoffes waren hilfreich. Den Rest konnte ich dank meiner eigenen Erfahrungen, die ich während meiner Praktikumszeit fortlaufend sammeln konnte, gut bewältigen. Ich habe gemerkt, dass ich definitiv Psychotherapeutin werden will. Denn ich weiss nun ganz sicher, dass ich mit dieser psychischen Belastung umgehen kann.»

Simon (Bild: Nuria Tinnermann).

Simon ist Architekturstudent an der ETH, für ihn ist ein Praktikum ebenfalls Pflicht. Dieses hat er in einem Architekturbüro mit Schwerpunkt Entwurf und Konstruktion absolviert. Dort hat er bei der Vorbereitung für einen Architekturwettbewerb und bei Bauprojekten mitgearbeitet.

Bezahlung

«Ich wurde mit 2100 Franken eigentlich ziemlich gut bezahlt. Weil ich als gleichwertiger Mitarbeiter behandelt wurde und den anderen nicht in vielem nachgestanden bin, wäre weniger auch unfair gewesen. Für die Architekturbranche ist dieser Lohn wahrscheinlich auf einem tiefen Niveau.»

Fazit

«Überrascht hat mich, wie stark sich gewisse Teile meines Studiums mit der Arbeit überschnitten. Im Studium hatte ich oft das Gefühl, einfach irgendwas zu zeichnen – nichts, was mit der Realität der Berufswelt zu tun hat. Die Vorbereitung für den Wettbewerb war aber eigentlich identisch. Nach meinem Praktikum weiss ich, was ich nicht will. Momentan will ich mich vor allem mehr mit Landschaftsarchitekur und Städtebau auseinandersetzen.»