Make Rome Great Again
Sie wissen, was sie tun, und sie wissen, wie das geht: Einzelne Mitglieder des Studierenden Theaters Zürich führen zum ersten Mal eine Frühlingsproduktion auf. Am 14. März feiert Romulus der Grosse im Theatersaal Irchel Premiere.
Es ist kreativ und durchdacht, was das Studierenden Theater Zürich (StuThe) am Irchel auf die Bühne bringt: Vom Bühnenbild (Antonia Stammbach, David Schwegler, Friederike Karpf) über die Kostüme (Alexandra Maximova, Gioia Geiler) bis hin zur Beleuchtung (Stefan Martinolli) präsentiert das Ensemble einen Romulus, der es in sich hat. Hier spielen Hühner wortwörtlich die erste Geige, denn der faule Kaiser, der das Römische Reich in den Untergang führte, züchtet auf seinem Hof widerspenstige Hühner, die hie und da mit Gitarre und Mundharmonika eine Parodie auf sein Wirken präsentieren (Musik: Benjamin Franks).
Klein aber fein
Es ist nicht das gesamte StuThe, das für die Frühlingsproduktion der Gruppe vor und hinter der Bühne steht. Viele der Mitglieder spielen zum letzten Mal mit und verabschieden sich mit Romulus. Das Ensemble ist zwar verkleinert, dafür aber spezialisiert: Denn einige der Mitglieder sind auch im wahren Leben mit Theater beschäftigt, und fast alle von ihnen sind bereits länger beim StuThe dabei.
Das wirkt sich auch auf die Qualität aus, sind doch die eher lang gehaltenen Monologe niemals langatmig oder stockend, alles sitzt und alles klappt. Vor allem aber macht alles Spass. Denn das vor Augenzwinkern strotzende Stück passt erstaunlich gut in die heutige Zeit. In feinster Dürrenmatt’scher Manier werden Witze über Romulus’ (Stefan Pfister) Faulheit und Verfressenheit gemacht, kleine Irritationsmomente kreiert, die eine oder andere, grössere oder kleinere Katastrophe von den Helfern des Kaisers (Linda Stewart-Smith, Natasha Kiper) vereitelt und Hosen zum Objekt der Zukunft emporgehoben.
Ironie der Herrschaft
Regisseur Alexander Flückiger gelingt es, den ironischen Twist der Geschichte, nämlich, dass sowohl der Römische Kaiser wie auch der Anführer der Germanen (Antonia Stammbach), weder geeignet sind zum Herrschen, noch auch nur den kleinsten Funken Anstand oder Ehrgeiz besitzen, in seiner vollen Lächerlichkeit zu präsentieren. Einen kurzen Moment lang könnte man einen achtenswerten Menschen in Romulus erkennen, als seine Tochter Rea (Marie Maier) mit dem Hosenfabrikanten Cäsar Rupf (Anja Hiddink) verheiratet werden soll, obwohl sie ihn nicht liebt. Aber es stellt sich schnell heraus, es ist ein verdecktes Manöver zur Manipulation des grossen Römischen Reiches, dessen Untergang Romulus längst geplant hat.
Davon sind von seiner Frau Julia (Emma Späni) über seinen Innenminister Tullius Rotundus (Dominik Beck) bis hin zum eifrigen, blutdurstigen Kriegsminister Mares (Friederike Karpf) alle zutiefst schockiert. Doch selbst das Mordkomplott, an welchem sich auch Zeno der Isaurier (David Schwegler) und der mysteriöse, suspekte Koch (Gregor Bachmann) beteiligen, wird von Romulus’ Unaufgeregtheit kompromittiert. So scheint Rom dem Untergang geweiht, wäre da nicht die Tatsache, dass der Germane Odoaker genauso wenig herrschen mag wie der Eierfresser Romulus. Dieser ist von der Bedrohung so unbeeindruckt, dass er den todmüden Spurius Titus Mamma (Gioia Geiler), der die Botschaft von der baldigen Eroberung durch die Germanen überbringen will, ständig ins Bett schickt.
Kaiser Romulus (Stefan Pfister) zeigt sich hier noch relativ unbeeindruckt. (Bild: Natasha Kiper)
Leistung und Vergnügen
Die erste diesjährige Produktion des StuThe lebt vom Engagement der Mitglieder und ihrer Freude am Text und am Theater. Kaum jemand geistert so überzeugend halbtot im Theatersaal herum wie der im Krieg gefallene Ämilian (Benjamin Franks), der als Einziger einen halbwegs erfolgreichen Versuch startet, Rom zu retten. Herrlich motiviert ist aber auch Friederike Karpf als Kriegsminister, die die Verweigerung des Kaisers, das gesamte Land zu mobilisieren, als persönlichen Affront aufnimmt. Trotz allem bewahrt sie Ruhe und plant mit einem Floss statt eines Schiffes die Flucht aus dem untergehenden Rom. Oder David Schweglers Zeno, der eigentlich gerne einfach in Ruhe trinken würde, stattdessen aber von morgens bis abends die unsinnigen Verse Sulphurides’ (Alexandra Maximova) herunterbeten muss. Und auch Emma Späni überzeugt als gestresste, augenrollende, ausrufende Ehefrau, die zwar ihrerseits nicht uneigennützig den Tunichtgut Romulus heiratete, nun aber den Untergang ihres geliebten Reiches mitansehen muss.
So hat jeder seiner Platz in der neuen Produktion. Jeder trägt mit Herzblut und Engagement zu einer gelungenen Frühlingsproduktion bei, die daran erinnern soll, dass auch ein Kaiser – ob in Fleisch und Blut oder als alte Büste – irgendeinmal zu bröckeln anfangen wird.
Daten: 14/15/19/20/22.3, immer um 20:00 Uhr, Theatersaal Irchel.