ETH-Schulleitung will Professorin entlassen

Die Schulleitung der ETH reicht beim ETH-Rat Antrag auf Entlassung der beschuldigten Astronomie-Professorin ein. Es wäre die erste Kündigung eines Professors oder einer Professorin in der 163-jährigen Geschichte der ETH.

14. März 2019

Im Oktober 2017 schrieb die «NZZ am Sonntag» erstmals über das Missverhalten einer Professorin am ehemaligen Institut für Astronomie. Das Institut wurde aufgelöst und ein Kündigungsverfahren gegen die Professorin eingeleitet. Eine Kommission sollte die Rechtmässigkeit einer Entlassung prüfen. Jetzt liegt ihr Ergebnis vor: Die Kommission hält fest, dass die Vorwürfe weitgehend zutreffen. Trotzdem kommt sie zum Schluss, dass «eine Entlassung aus juristischer Sicht eher nicht gerechtfertigt ist».

Die ETH-Schulleitung folgt dieser Empfehlung der Kommission jedoch nicht: «Nach Abwägen aller Möglichkeiten und eingehenden Diskussionen mit der Schulleitung haben wir beschlossen, dem ETH-Rat trotz dieser ambivalenten Empfehlung der Professorenkommission Antrag auf Entlassung zu stellen», sagte Joël Mesot, ETH-Präsident, an der Medienkonferenz heute Donnerstag. Den Entschluss begründet er damit, dass die Professorin keine Einsicht zeige. «Das war nicht nur ein schwieriger, sondern auch ein trauriger Entscheid.» Wird der Antrag angenommen, wäre es die erste Entlassung eines Professors oder einer Professorin in der 163-jährigen Geschichte der ETH.

Neue Fachstelle zur Meldung von sexueller Belästigung

Die ETH kommt nicht aus den Negativschlagzeilen. Neben dem Fall der Astronomie-Professorin berichtete das Stadtportal «Tsüri.ch» im Juni 2018 von sexuellen Belästigungen am Departement für Architektur. Ein Professor verliess nach den Anschuldigungen die ETH. Im Februar 2019 veröffentlichte der «Tages-Anzeiger» Vorwürfe des Machtmissbrauchs. Dieses Mal im Zentrum: Ein Professor und eine Professorin an der Empa in Dübendorf. Am Departement für Biosysteme in Basel und am Departement für Maschinenbau und Verfahrenstechnik laufen zudem zwei weitere Verfahren gegen Profs. Zu diesen Fällen veröffentlichte die Schulleitung keine neuen Details. «Ich möchte im Namen der ETH alle um Verzeihung bitten, die von Fehlverhalten ihrer Vorgesetzten betroffen waren», so Mesot.

Um solches Fehlverhalten in Zukunft zu verhindern, will die ETH die Führungskompetenzen der Profs verbessern. Sie sollen ein obligatorisches «Leadership-Programm» durchlaufen und bei Neuanstellungen soll die Führungskompetenz neu ein zentrales Auswahlkriterium sein. Um die Abhängigkeit der Doktorierenden zu mindern, wird bis 2020 an der ganzen ETH die Mehrfachbetreuung eingeführt. Auch werden die Anstellungsverträge so überarbeitet, dass über diese kein Druck mehr auf die Doktorierenden ausgeübt werden kann. Neu wird auch eine Fachstelle für die Meldung von sexueller Belästigung und Mobbing geschaffen. «Ziel ist es, dass alle Meldungen innerhalb von sechs Monaten behandelt und der Prozess wenn möglich abgeschlossen ist», erklärt Präsident Mesot.