Ungeliebtes «Forum UZH»
Die Ausbaupläne der Uni finden nicht überall Anklang. Zu viele Fragen bleiben offen.
Das «Forum UZH», der geplante Neubau der Universität Zürich, ist eines der grössten Projekte, das die Universität je angepeilt hat. Viele verschiedene Parteien mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Interessen sind davon betroffen – doch bisher konnten sich anscheinend nicht alle einbringen. Fragt man Studierende im Lichthof der Universität, was sie vom «Forum UZH» halten, antworten viele, dass das Thema völlig an ihnen vorbeigegangen sei oder dass sie noch nie davon gehört hätten. In einem Punkt sind sich die meisten aber einig: «Ich wäre gerne direkt von der Uni informiert worden.»
Offene Fragen
Das scheint gar nicht so einfach zu sein. «Bis jetzt konnte der Dialog noch gar nicht stattfinden», meint Rektor Michael Hengartner dazu. «Es ist etwas kompliziert, weil es sich um einen anonymen Architekturwettbewerb handelte, der nicht von der Universität, sondern vom Hochbauamt des Kantons Zürich durchgeführt wurde.» Die Universität als Bestellerin habe Richtwerte für Flächen wie Forschung, Bibliothek, Seminarräume oder Turnhallen definieren können, und die am Wettbewerb teilnehmenden Architekturbüros hätten sich dann Lösungen dazu überlegt. «In der Jury gab es Mitglieder der Universität. Aber auch Vertretungen von vielen weiteren Stakeholdern, inklusive Kanton, Stadt und die Architektinnen und Architekten als Fachpersonen.» Jetzt erst komme die Phase des Projekts, in der man sich intensiv mit den Nutzniessenden austauschen könne, so Hengartner. «Der Dialog wird dieses Semester aufgenommen und über die nächsten Jahre weitergeführt werden.» Wie schnell es wirklich weitergeht, hängt aber auch von den noch hängigen Rekursen ab. Es stellt sich dennoch die Frage, warum bei einem 600-Millionen-Franken-Bau die Nutzniessenden vor vollendete Tatsachen gestellt werden, statt von Anfang an miteinbezogen zu werden.
Studierende und Angestellte der Universität stehen dem «Forum UZH» dementsprechend etwas skeptisch gegenüber. «Niemand sträubt sich mit Händen und Füssen gegen den Umbau, aber es sind viele Fragen da», meint etwa Daniel Schreier, Institutsleiter des Englischen Seminars. Das Englische Seminar ist heute an der Pestalozzistrasse und in der Villa Wehrli an der Plattenstrasse untergebracht. Es ist einer von mehreren Universitätsstandorten, die im Rahmen des Umbaus umziehen werden. Künftig sollen sich die Anglistinnen und Anglisten das «Forum UZH» mit den Wirtschafts-, Jus- und Germanistikstudierenden teilen müssen. «Wir wissen nicht, was mit unserer Bibliothek, dem Seminar, der Administration, dem Personal oder dem Nachwuchs passieren wird», so Schreier. «Das sind alles Fragezeichen, die wir erörtern werden müssen.»
Fehlende Kommunikation
Wer auch vom Umbau betroffen sein wird, sind Uni-Mitarbeitende, die bis jetzt nicht zu Wort gekommen sind. Besonders der geplante zweite Lichthof im neuen Gebäude wirft Bedenken auf. Eine Mitarbeiterin der Universitäts-Mensa meint dazu: «Gerade über Mittag oder in den Pausen ist es sehr laut, weil es im Gebäude so sehr hallt.» Sie habe sich aber mittlerweile an den Lärmpegel während der Arbeit gewöhnt. «Wir haben die Thematik angesprochen und es wurde uns versichert, dass Materialien eingesetzt werden sollen, die die Geräusche besser dämpfen werden», meint Hengartner dazu. «Der bestehende Lichthof ist diesbezüglich miserabel.» Im neuen Gebäude sei eine lärmschluckende Verkleidung der Betonwände umso wichtiger. «Das Lernzentrum wird in den oberen Stockwerken sein, da braucht es eine gewisse Ruhe.»
Mittlerweile wissen auch die Studierenden Bescheid über die baulichen Veränderungen. Viele stehen einem Umzug kritisch gegenüber und vermuten Einbussen im studentischen Leben. Riccardo Giacomello vom Fachverein Alte Sprachen meint: «Die Villa Tanneck ist unser Zuhause – wir studieren nicht bloss da, wir leben hier.» Die Studierenden würden jeden Raum kennen und sich wohlfühlen. So geht es auch den Musikwissenschaftsstudis. Mariella Meier, vom Fachverein Musikwissenschaften, sagt dazu: «Uns ist es sehr wohl in der Villa. Die Lage macht das Studium auch ein Stück weit aus.» Beide Studierenden sind sich einig, dass die institutseigenen Villen ein Luxus darstellen. «Realistischerweise wird es auch anders funktionieren», sagt Meier. «Wenn dann die nächste Generation im Schanzenberg aufwächst, wird das für sie normal sein.» Was beide hingegen stört, ist die fehlende Transparenz und Kommunikation der Universität. «Viele argumentieren, dass es uns nicht mehr betreffen wird und somit egal sein kann», erklärt Meier. «Das nervt mich. Denn es geht ums Prinzip: Der Umbau ist ein Thema, bei dem man nicht über unseren Kopf hinweg entscheiden kann.» Deswegen wünscht sich Meier eine demokratischere Uni. «Ich finde es echt daneben, wie es läuft. Das geht gegen meine Auffassung davon, wie eine Universität funktionieren sollte.»
Keine Interessenvertretung
Hengartner versteht einerseits, dass Studierende ihre Villen nur ungern verlassen. «Aber die Quartiere werden froh sein, wenn wir da endlich ausziehen», meint er. «Da stehen wir auch unter dem Druck der Bevölkerung. Diese Gebäude sollen der Allgemeinheit zur Verfügung stehen.» Zu den Vorwürfen bezüglich Kommunikation sagt er: «Es ist immer eine Gratwanderung zwischen zu vielen und zu wenigen Infos.» Die Allgemeinheit sowie die Nutzenden würden in Zukunft aber regelmässig informiert werden. Einzelne Meinungen müssten durch entsprechende Gefässe vertreten werden – die Studierenden etwa durch den VSUZH. «Der VSUZH ist unser logischer Ansprechpartner, da er die Standesvertretung der Studierenden darstellt», so Hengartner. Die Fachvereine sehen den VSUZH allerdings nicht als idealen Gesprächspartner an. «Der VSUZH wäre das eine Organ gewesen, das auf mehr studentische Mitsprache hätte pochen können», meint Giacomello. Er hat das Gefühl, dass die Unipolitik beim VSUZH zugunsten einzelner Events immer mehr in den Hintergrund gerückt sei.
Zeit, sich gegen den bevorstehenden Umzug einzelner Seminare zu organisieren, hatten die Fachvereine nicht. «Unser Ansatz als Fachverein ist es nun, sicherzustellen, dass wir bewährte Strukturen in den neuen Bau überführen können», so Giacomello. «Wenn das Gebäude erst einmal steht, werden unsere Nachfolgerinnen und Nachfolger diskutieren, wie sich die Angebote des Fachvereins weiterführen lassen.» Meier meint dazu: «Die Universität sollte den Studierenden die Chance geben, mitzugestalten.» Und Institutsleiter Schreier schliesst sich an: «Jetzt darf sich die Universität nicht die Gelegenheit verbauen, die Seminare bei der weiteren Gestaltung einzubeziehen.»