Drei Architekten kritisieren ein Milliardenprojekt: Heinz Rothermund, Matthias Hürlimann und Heinz Oeschger (v.l.n.r.). Jonathan Progin

Ja zum Inhalt, Nein zur Form

Der Verein Zukunft Hochschulgebiet Zürich hat Rekurs gegen die Pläne des Unispitals eingereicht.

24. Februar 2019

Warum ist Ihr Verein gegen den Neubau des Unispitals?

Hürlimann: Wir sind nicht grundsätzlich gegen den Inhalt des Projekts. Wir verstehen, dass das Unispital einen modernen Neubau an diesem zentralen Standort braucht. Wir wehren uns aber gegen die Form der Bauten, die aus unserer Sicht zu hoch sind. Das hat entscheidende Auswirkungen auf das Stadtbild.

Rothermund: Bevor überhaupt etwas getan wurde, hat der Kanton auf einem insgesamt kleinen Terrain grosse Bereiche der alten Spitalbauten unter Schutz gestellt. Somit wurde die bebaubare Fläche minimiert. Darum sind die Pläne so überdimensioniert.

Sie sprechen von Auswirkungen auf das Stadtbild. Was heisst das konkret?

Hürlimann: Durch die Schutzmassnahmen wird die verfügbare Baufläche in den Hang gedrückt. Dort haben grosse Volumen eigentlich nichts zu suchen.

Oeschger: Geplant sind bis zu 40 Meter hohe Hochhäuser. Das ist viel zu viel. Einerseits eben wegen der Hanglage und andererseits sind sie so hoch, dass die geplanten Innenhöfe nie im Sonnenlicht sein werden. Zudem grenzen die neuen Gebäude aufgrund der bestehenden Bauten nicht an den Spitalpark an. Allerdings ist das nicht ein Fehler der Architekten, sondern den Planern zuzuschreiben, die die Baufelder definiert haben.

Trotzdem: Das Ganze wirkt wie eine perfektionierte Verdichtung. Sind Sie gegen verdichtetes Bauen?

Rothermund: Wir haben nichts Grundlegendes gegen Verdichtung, aber man muss von Fall zu Fall beurteilen.

Hürlimann: Verdichtung heisst immer, Vor- und Nachteile abzuwägen. Für uns war das hier gar keine Frage. Weil der Kanton Schutzbehörde und Bauherr zugleich ist, hat er sich selbst einen Zwang geschaffen. Die vorschnelle Definition der Baufelder auf so engem Raum schädigt das Stadtbild.

Oeschger: Am Hang darf man sowieso nicht verdichten. Es braucht die Fallwinde aus den höheren Lagen, die die Innenstadt im Sommer abkühlen.

Aber bei wenig Platz und viel Platzbedarf muss es doch in die Höhe gehen.

Oeschger: Ja, aber nicht so hoch wie jetzt projektiert. Besser wäre, einen Teil der bisherigen Bauten abzubrechen und den dadurch frei werdenden Platz zu nutzen, um weniger hoch zu bauen. Also quasi die Neubauten flach drücken. So kann die Sonne auch in die Innenhöfe scheinen.

Sie wehren sich nun seit Ende 2014 gegen das – aus ihrer Sicht – überdimensionierte Projekt. Was haben Sie bisher alles unternommen?

Oeschger: Am Anfang haben wir mit dem Vorsteher des städtischen Hochbaudepartements und dem kantonalen Baudirektor gesprochen und den beiden gesagt, das funktioniere so nicht. Dort stiessen wir aber auf taube Ohren. Im Juni 2016 gingen wir mit einer Pressekonferenz an die Öffentlichkeit und wurden endlich wahrgenommen.

Hürlimann: Zu Beginn des Jahres 2017 konnten wir uns dann regelmässig mit dem Kanton treffen. Aber wir mussten schnell feststellen, dass diese Gespräche nichts bewirkten, weil der Kanton einfach seine Interessen durchsetzen will. Daraufhin reichten wir den Rekurs ein, der uns endlich auf gleiche Augenhöhe mit dem Kanton brachte.

Stösst Ihr Widerstand auf Zuspruch aus dem Quartier?

Oeschger: Ja, wir stehen intensiv mit den Bewohnerinnen und Bewohnern des Quartiers in Kontakt. Die Leute hier sind direkt vom Projekt betroffen und wir vertreten und formulieren ihre Interessen.

Hürlimann: In erster Linie vertreten wir städtebauliche Interessen. Aber Quartierinteressen sind immer auch städtebauliche Interessen.

Sie bemängeln auch die fehlende Mitsprache. Warum wurde die Quartierbevölkerung nicht miteinbezogen?

Rothermund: Das liegt auch an der Quartierbevölkerung selbst. Wenn man einzelne Personen befragt, was sie vom Projekt halten, dann sagen sie, dass das ja nicht sein könne. Solche riesige Bauten haben hier nichts zu suchen. Wenn man aber nachfragt, was sie dagegen tun würden, dann sagen sie, sich zu wehren sei zu kompliziert, zu zeitaufwändig und so weiter. Auch die Passivität des bestehenden Quartiervereins Fluntern hat mich absolut überrascht. Als die ersten Vorschläge zum neuen Unispital veröffentlicht wurden, hat der Verein an seiner Jahresversammlung kein Wort darüber verloren.

Neben dem Unispital plant auch die Uni einen Neubau. Und zwar an der vielbefahrenen Rämistrasse. Wie wirkt sich das auf den Verkehr aus?

Rothermund: Meiner Meinung nach hat der Kanton dem Verkehr zu wenig Beachtung geschenkt. Die Rämistrasse bleibt genau gleich breit, der Verkehr, der jetzt schon zu Stosszeiten alles blockiert, wird nur noch zunehmen. Das heisst, verkehrsmässig kann man hinter die Pläne ein grosses Fragezeichen setzen.

Oeschger: Ja, allgemein ist trotz der vorgeschlagenen Velo- und Fusswegen ein Verkehrsproblem zu erwarten.

Was schlagen Sie also vor?

Oeschger: Ehrlich gesagt haben wir für den Verkehr keine Vorschläge. Wir sind aber gegen eine Verlegung der Einrichtungen nach Dübendorf. Wir finden die zentrale Position von Spital und Universität gut. Aber eine Lösung haben wir nicht.

Die Gesamtkosten werden auf etwa vier Milliarden Franken geschätzt. Ist das zu teuer?

Rothermund: Schwierig zu sagen, das sind bisher nur sehr allgemeine Schätzungen. Eine wichtige Frage wird allerdings gar nicht gestellt. Überall ist die Rede von den hohen Gesundheitskosten, aber ob das Unispital zu teuer gebaut wird, wird nicht diskutiert. Ich gehe davon aus, dass die Kosten zu hoch sind.

Zukunft Hochschulgebiet Zürich: Der Verein wurde 2014 von Leuten aus dem Quartier gegründet, weil sie sich in die Projektplanung rund um den Standort Zentrum einbringen wollen. Die drei Architekten Heinz Oeschger, Matthias Hürlimann und Heinz Rothermund vertreten den Verein als Vorstandsmitglieder. Ihr Rekurs gegen die Gestaltungspläne wurde im März 2018 gutgeheissen. Momentan sind sie mit der Baudirektion des Kantons Zürich im Gespräch.