Die Uni baut Schranken ab
Immer mehr Forschungsbeiträge sind im Internet kostenlos zugänglich. Das ärgert die Grossverlage.
Über das VPN der Universität Zürich können Studierende auf eine Fülle von wissenschaftlichen Publikationen zugreifen. Dass diese eigentlich hinter teuren Lizenzen verschlossen sind, geht dabei leicht vergessen. Insgesamt 12 Millionen Franken betrage das jährliche Subskriptionsbudget von Hauptbibliothek, Institutsbibliotheken und Zentralbibliothek zusammen, so die Schätzung von André Hoffmann, dem stellvertretenden Leiter des fünfköpfigen Open-Access-Teams der Hauptbibliothek. Mit der Open-Access-Bewegung ist eine Umwälzung von enormer Tragweite im Gange, die vielen Studis entgeht. Die Idee: Im Interesse von Wissenschaft und Öffentlichkeit sollen Forschungsergebnisse im Internet kostenlos und möglichst frei zugänglich sein.
Frei zugänglich statt beschränkt
Nötig ist dafür eine Komplettsanierung des weltweiten Verlagsmarktes: Bislang diktierten grosse Verlagshäuser wie Elsevier, Springer oder Wiley-Blackwell den Hochschulen jedes Jahr Preisanstiege von bis zu fünf Prozent fürs Lesen und Veröffentlichen von Beiträgen. Gerade ärmeren Hochschulen in Ländern ausserhalb der westlichen Welt erschwerte dies den Zugang zu Forschungsliteratur massiv. Die Preise waren schlichtweg zu hoch. «Auch die Jahre, als Uni und ETH wegen der Frankenstärke den Standard zu halten vermochten, sind vorüber», so Hoffmann.
Deshalb hat die Hochschul-Rektorenkonferenz Swissuniversities 2017 eine nationale Open-Access-Strategie verabschiedet. Diese wurde von allen Unis angenommen. Da man ohne ambitionierte Ziele nicht weit kommt – und, im Falle der Open-Access-Bewegung: wohl auch nicht so weit gekommen wäre – ist darin Folgendes zu lesen: Bis 2024 müssen alle mit öffentlichen Geldern finanzierten wissenschaftlichen Publikationen im Internet frei zugänglich sein.
Zurzeit laufen die Verhandlungen mit den Grossverlagen. Swissuniversities hofft, dass neue nationale Lizenzverträge den Weg zu einem reinen Open-Access-Publikationsmarkt ebnen werden. Auf diesem würde das Publizieren zwar nicht billiger, schätzt Hoffmann, doch die anfallenden Kosten stiegen wohl weniger stark an als bisher.
Kultureller Wandel soll stattfinden
Als eine der ersten Schweizer Hochschulen hat die Uni Zürich ihre Forschenden verpflichtet, die vollständige Fassung aller publizierten Arbeiten in ihrem Repository ZORA zu hinterlegen. Aktuell sind dort aber lediglich 41 Prozent der rund 120'000 Einträge frei zugänglich. Und nur acht Prozent sind Erstveröffentlichungen in Open-Access-Journalen. Hoffmann meint dazu: «Die Umsetzung verläuft eher schleppend, obwohl der Trend zur Open-Access-Publikation klar nach oben geht.»
Einige Forschende seien nach wie vor skeptisch. Ein Grund dafür liegt im herrschenden Bewertungssystem, das auf wenige renommierte Zeitschriften fokussiert ist. Dort regelmässig zu veröffentlichen und zitiert zu werden ist für Forschende mindestens so wichtig für die Karriere wie der Inhalt ihrer Arbeiten.
Künftig soll Open Access als Kriterium für die Qualitätsmessung berücksichtigt werden. Das sieht die nationale Strategie vor. «Ein kultureller Wandel muss stattfinden», sagt Hoffmann. Zu Open Access gezwungen werde zwar niemand. Aber: «Um Open Access wird man in der akademischen Karriere in Zukunft nicht herumkommen.» Zur Sensibilisierung soll noch dieses Jahr eine Informationskampagne an den Hochschulen anlaufen.