Im Serverraum: Ronan Lindörfer (l.) und die Projektleiter Max Schrimpf (m.) und Lukas Reinhart. Robin Bisping

VSETH zentralisiert seine Informatik

Alle studentischen Vereine der ETH sollen von einer gemeinsamen IT profitieren. Das lässt sich der Verband über 200'000 Franken kosten.

25. November 2018

Der VSETH ist riesig. Er organisiert Veranstaltungen, vertritt Studierende, verwaltet Räume. Doch das ist ihm nicht genug. Er will noch grösser werden, stabiler, relevanter. Dafür arbeiten seit März vier angestellte Studierende an einer neuen Informatikinfrastruktur. «Eine IT für alle», wie es Max Schrimpf sagt. Der Informatikstudent leitet das Projekt. Damit meint er alle Komissionen, Fachvereine und Studierenden des Verbandes. Ihnen soll die neue Plattform E-Mail-Dienste und eine Dateiablage zur Verfügung stellen, aber auch die Möglichkeit, eigene Webseiten zu betreiben. Kurzum: Der VSETH will Internetdienstleister werden.

«Verschwendetes Potenzial»

Dieses Unterfangen ist teuer. Allein dieses Jahr kostet die neue Informatik den Verband über 200'000 Franken, einschliesslich Hardwareinvestionen. Das entspricht knapp zehn Prozent des Jahresbudgets. Es ist zu erwarten, dass die Kosten in den nächsten Jahren hoch bleiben werden.

«Es ist ein grosser Kostenpunkt für den VSETH. Wir haben auch nicht unbegrenzt Mittel», sagt Lukas Reichart. Der ehemalige Präsident leitet das Projekt mit. Die Investitionen lohnen sich jedoch, findet er: Bisher seien viel Arbeitskraft und Ressourcen verloren gegangen, weil der Verband die IT nicht richtig nutzte. Einerseits wegen Ausfällen, die die Arbeit erschwerten, andererseits wegen Möglichkeiten, die nicht genutzt wurden. «Wir haben schon Mühe, Leute zu drei Stunden freiwilliger Arbeit pro Woche zu bringen. Wenn sie dann noch eine halbe Stunde wegen schlechter Informatik verschwenden, leiden wir darunter.» Schrimpf pflichtet bei: «Wenn man mal erlebt hat, was eine sinnvolle Informatik für einen machen kann, merkt man, wie schlecht wir eigentlich dastehen.»

Arbeit nimmt zu

Bisher betrieben jeder Fachverein und jede Kommission eine eigene Informatik. «Oft ist es so, dass vor Jahren jemand einen Server mit der Webseite aufgesetzt und ihn ins Rechenzentrum der ETH gestellt hat. Seither fasst ihn niemand mehr an», sagt Schrimpf. Er kenne lediglich drei Fachvereine und zwei Kommissionen, die eine aktive IT hätten. Allen anderen fehlten die Leute. Das soll sich jetzt ändern. Durch die Zentralisierung kann sich der Verband um die Entwicklung und Wartung kümmern.

«Der VSETH baut massiv Struktur auf.»

Für den VSETH bedeutet das viel mehr Arbeit. Verteilt über den ganzen Verband soll sie aber abnehmen, so Schrimpf. Heute würden viele Arbeiten doppelt verrichtet. Als Beispiel nennt er ein Programm, das Prüfungsvorbereitungskurse organisiert: Vier Fachvereine entwickelten gerade unabhängig eine solche Applikation. In Zukunft soll diese Arbeit zentral beim VSETH gemacht werden.

Vorstand will Stelle schaffen

Die Idee ist nicht neu. Schon mehrfach versuchte der Verband eine solche Infrastruktur zu realisieren. 2008 zum ersten Mal. Bisher aber erfolglos. Den Grund sieht Reichart in der Herangehensweise: «Es waren zwar fähige Leute beteiligt, die die Informatik vorangetrieben hatten. Als diese den VSETH aber wieder verliessen, hatte niemand mehr das Wissen, sich darum zu kümmern.»

Diesen Fehler will er künftig verhindern: «Wir bauen massiv Struktur auf.» Bisher gab es nur eine Person, die sich mit der Informatik auseindandersetze: das ITVorstandsmitglied. Mit der neuen Infrastruktur will der Vorstand neue Gruppen und Stellen schaffen – auch um sich zu entlasten. Denn wer heute im Vorstand sitzt, reduziert sein Studium oder pausiert es ganz. Nach einem Jahr ist bei den meisten Schluss: Der Aufwand ist zu gross.

Auch aus diesem Grund will der Vorstand eine Betriebsleitung anstellen, wie er sie für die Eventräume bereits hat. Diese Person soll nicht studieren, sondern möglichst lange beim Verband bleiben. Mindestens fünf Jahre, so die Idee. «Man muss stets daran arbeiten. Darum braucht es eine gewisse Konstanz», sagt Schrimpf. «IT geht einfach kaputt.»

Ob all diese Pläne umgesetzt werden können, entscheidet letztendlich der Mitgliederrat, wenn er das Budget des nächsten Jahres diskutiert. Die IT-Strategie ist nicht unumstritten. Bei der Sitzung vor einem Jahr wurde sie kontrovers diskutiert. Nicht alle im Rat waren mit ihr einverstanden.

Nicht alle warten auf neue IT

An der Diskussion dabei war auch Samuel Wildhaber, heutiger Präsident des VIAL, des Vereins der Agrar- und Lebensmittelwissenschaftsstudierenden. Sein Fachverein

gehört zu den kleinen. «Für uns ist die Informatik kein Problem», sagt er. Der VIAL nutzt Dienste von grossen Anbietern und unterhält die Website selbst. Vom VSETH würden sie einzig den E-Mail-Service benutzen, der mache aber teilweise Probleme. Zum Informatikprojekt meint er: «Wir könnten unsere Arbeit mit mehr IT-Mitteln wahrscheinlich nicht besser machen.» Dennoch ist er dem Projekt positiv gesinnt: «Wenn Leute motiviert sind und Ahnung davon haben, sollen sie das Geld dafür bekommen.» Es sei ja eine nachhaltige Investition.

Informatik soll Verband beflügeln

Die Plattform war ursprünglich auf Ende Jahr geplant. Doch bereits jetzt ist absehbar, dass die Zeit nicht reichen wird. «Die grosse Ankündigung, dass sie live geht, erwarte ich dieses Jahr nicht mehr», sagt Schrimpf. Einige Dienste seien bereits im Hintegrund in Betrieb, die letzten würden aber erst nächstes Jahr folgen. Sie seien zu sehr damit beschäftigt gewesen, Altlasten aufzuarbeiten. Die grösste davon: eine Sicherheitslücke im alten System, die zu einem anderthalbmonatigen Unterbruch führte. Bis Ende Jahr stellten sie deshalb zwei weitere Techniker ein, um den Rückstand so gut wie möglich aufzuholen.

Überzeugt vom Erfolg des Projekts sind beide nach wie vor. «Das Bedürfnis ist vorhanden», sagt Schrimpf. Und Reichart: «So plakativ es klingt: Die IT kann den ganzen Verband beflügeln.»

Verpflichtung für Jahre

Ob das Projekt den prophezeiten Aufschwung bringt, wird sich zeigen. Klar ist: der VSETH hat gross geplant. Jetzt muss er dran bleiben – Jahr für Jahr –, sonst war das Geld nur ein Geschenk. Ein Geschenk für die Technikbegeisterten des Verbandes, wie sie es sich nicht hätten grösser wünschen können. Nämlich eine Informatik, wie sie auch manches Grossunternehmen gerne hätte.