Originale von Max Frisch in Glasvitrinen und auf Bildern. Jonathan Progin

Das Recht in der Literatur von Max Frisch

25. November 2018

Etwas unbeholfen schlendert man durch den kleinen, sterilen und einengenden Raum. Man mustert Dokumente in Vitrinen und beäugt die Plakate und Schriftstücke, die an den Wänden angebracht sind. Sie alle beschäftigen sich mit einem der bedeutendsten Schriftsteller der Schweiz des letzten Jahrhunderts. Vom 25. Oktober bis zum 12. April 2019 ist an der ETH die Ausstellung «Max Frisch und das Recht» zu sehen. Ziel der Ausstellung ist es, «das juristische Denken und die Rhetorik des Rechts in Frischs literarischem Werk» zu erfragen und zu erklären.

Max Frisch hat sich zeitlebens intensiv mit rechtlichen Fragen auseinandergesetzt. So zeigt die Ausstellung unter anderem eine Stellungnahme von Max Frisch zum revidierten Asylgesetz von 1987 in der WOZ, sein Protest gegen die Wegweisung chilenischer Geflüchteten aus Zürich bis hin zu seinem literarischen Schaffen, das sich oft um Fragen nach Gerechtigkeit, Wahrheitsfindung und die Kunst der juristischen Sprache dreht.

Die Ausstellung verfehlt ihr Ziel: Verkrampft versucht man jedes Detail der Plakate, Bilder und Handschriften zu analysieren und dabei nachzuvollziehen, wie das Recht im Schreiben eines Schriftstellers zum Ausdruck kommt. Doch dazu wäre die ausnahmslose Kenntnis des Werkes Max Frischs nötig; auch müsste dazu seine Biographie bis in die kleinsten Teilbereiche ausgeleuchtet werden.

Die Verbindung von Recht und Literatur, wie ein Einzelner sie empfindet, ist für Aussenstehende nicht leicht zu erfassen oder nachzuvollziehen, da kann man noch so lange in aufrechter Position Plakate betrachten. Das Recht, von der Gesellschaft geformt und die Gesellschaft formend, hat in seiner Verwendung stets eine persönliche Komponente – genauso wie die Literatur, die Wahrheit und die Frage nach ewigem Glück.

Warum überhaupt findet die Ausstellung an der ETH statt? Er war einer der bedeutendsten Schriftsteller der Schweizer Literaturgeschichte und sie ist die renommierte Eidgenössische Technische Hochschule. Die an sich nicht unbedingt etwas mit Literatur zu tun hat. Aber die Verbindung von Max Frisch zur ETH hat einen biographischen Hintergrund. Bevor sich der Schriftsteller gänzlich dem Verfassen von Romanen, Erzählungen und Essays widmete, absolvierte er sein Architekturstudium an der Technischen Hochschule.

Danach war Frisch mehrheitlich als Schriftsteller tätig. In den Siebziger Jahren fragte er sich irgendeinmal, was mit seinem Nachlass geschehen soll. Die Antwort darauf war die Gründung einer auf seinen Namen lautende Stiftung – die Max-Frisch-Stiftung. Die Verwaltung des literarischen Nachlasses soll mit allen Rechten und Pflichten von der Stiftung übernommen werden. Damit auch noch eine Arbeitsstätte für die Forschung zur Verfügung steht, wurde das Max-Frisch-Archiv an der ETH errichtet.

Vielleicht verfolgt diese Ausstellung auch nicht das primäre Ziel, den Wissenshorizont seiner Betrachter in einem spezifischen Bereich zu erweitern. Vielleicht soll eine Ausstellung einfach nur den Gang verborgener Gedanken freischalten. Die Leitung des Max- Frisch-Archivs ist bestrebt, an diesem Ort zeitlose Themen anzusprechen, indem sie einen Blick in die Vergangenheit wagt und zeigt. Es ist zwar schwierig, sich über «Max Frisch und das Recht» eine Meinung zu bilden, wenn das Hintergrundwissen nicht vollumfänglich gegeben ist. Aber sich davon inspirieren zu lassen, ist bestimmt einfacher.

Die Ausstellung zu Max Frisch und dem Recht läuft noch bis zum 12. April 2019.