Zweitstudium ade
Die Uni will nicht, dass Studis ein zweites Mal studieren.
Die Philosophische Fakultät schafft das Zweitstudium ab. Künftig gibt es keine Möglichkeit mehr, nach einem erfolgreich beendeten Masterstudium noch ein zweites Studium in weniger grossem Umfang aufnehmen zu können.
Keine Diskussionen
Genau das ermöglichte bisher das Zusatz- und Zweitstudium. Das Zusatzstudium bot die Möglichkeit, ein zweites Hauptfach zu studieren, ohne dabei ein Nebenfach belegen zu müssen. Das Zweitstudium betrifft ausserfakultäre Absolventen und sieht den Erlass eines Nebenfaches vor. Beides wird mit der Implementierung von «Bologna 2020» Mitte 2019 gestrichen. Eine Diskussion dazu, geschweige denn einen Aufschrei, gibt es nicht. Das Zusatz- und Zweitstudium fallen fast unbemerkt aus dem Angebot. Das mag an der tiefen Quote an Studierenden liegen, die überhaupt davon Gebrauch machen.
Laut Daniel Müller Nielaba, Studiendekan der Philosophischen Fakultät, befindet sich die Anzahl an Studierenden im Zusatz- und Zweitstudium im «zweistelligen Bereich».
Allerdings kann das geringe Interesse nicht als Erklärung dafür hinhalten, warum ein zweites Studium nicht mehr möglich sein soll. Der Verdacht liegt nahe, dass die Uni den Anreiz eines zusätzlichen, im genormten Lebenslauf nicht vorgesehenen Studiums vermindern möchte. Die Bildungskommission des VSUZH begründet auf Anfrage, weshalb eine Diskussion rund um das Zusatz- und Zweitstudium ausbleibt: Sie sei mit der Abschaffung der kleinen Nebenfächer verknüfpt. Was das Zweitstudium angeht, erscheint das einleuchtend, da einem ein kleines Nebenfach erlassen wird. Doch das Zusatzstudium wäre mit der neuen Struktur, die hauptsächlich grosse Nebenfächer vorsieht, problemlos in Einklang zu bringen.
Vorbild Naturwissenschaften
Hier kommt die Musterrahmenverordnung ins Spiel, die für «Bologna 2020» die Bedingungen festlegt. Laut Müller Nielaba sieht diese unvollständige Studiengänge wie ein Zusatzstudium nicht vor. Ausserdem bezeichnet er die Regelung als «nicht zeitgemäss» und spielt damit auf veränderte Bedürfnisse auf dem Arbeitsmarkt und das Bologna-System an. Namentlich habe man in früheren Jahren Probleme mit Zusatzstudiumsabgängerinnen und -abgänger der Psychologie gehabt, deren Abschluss vom Bundesamt für Gesundheit nicht akzeptiert worden sei. Mit der Abschaffung wolle man verhindern, dass solche Probleme auch andernorts vermehrt auftreten. Die Regelung betreffe ohnehin hauptsächlich Mittelschullehrpersonen, die ein zusätzliches Unterrichtsfach in ihr Lehrdiplom aufnehmen wollen, um auf dem Arbeitsmarkt attraktiver zu sein. Für diese werde jetzt nach dem Vorbild der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät eine Ersatzlösung mit einem vorgegebenen Modulkatalog gesucht.
Realitäten werden geschaffen
Die Abschaffung des Zweit- und Zusatzstudiums zeigt, wie die Uni in Zeiten des Bologna-Systems tickt: Sie will die Studierenden möglichst einheitlich auf den Berufsalltag vorbereiten. Das ist begrüssenswert. Doch im Fall des Zusatz- und Zweitstudiums kommt es zu einer Entmündigung der Studierenden. Sie sind der Möglichkeit beraubt, zu attraktiven Bedingungen ein zweites Studium aufnehmen zu können. Auch stellt sich die Frage, ob eine Lösung nicht innerhalb von «Bologna 2020» denkbar gewesen wäre.
So führt dieser Fall vor Augen, dass die Ökonomisierung und Vereinheitlichung des Studiums im Rahmen der Bologna-Reformen eine universitäre Realität schaffen, in der das Studieren zunehmend an Flexibilität und Freiheiten einbüsst.