Bald wieder offen: Die Kioske am Zentrum und Irchel. Reto Heimann

Verpasste Chance

24. Juli 2018

Über ein halbes Jahr nach dem Konkurs der ZSUZ hat die Universität neue Lösungen präsentiert. Die Kioske kehren zurück, die Studiläden und die Druckerei nicht. Der VSUZH ist schwer enttäuscht.

Die Studikioske kehren an die Uni zurück: Über ein halbes Jahr nach dem Konkurs der Zentralstelle der Studentenschaft der Universität Zürich (ZSUZ) hat die Universitätsleitung vorgestellt, was mit den Dienstleistungen der Konkurs gegangenen Stiftung geschehen soll. Konkret geht es darum, was mit den von der ZSUZ betriebenen Kiosken, den Studiläden und der Druckerei geschehen soll. Neu leitet der Zürcher Frauenverein (ZFV), der auch die Mensen und die Irchelbar betreibt, die Kioske am Zentrum und am Irchel. Der VSUZH hat beratende Funktion dabei und darf bei strategischen Entscheiden mitreden. Gewinnbeteiligt ist er nicht. Die Studiläden an den beiden Standorten werden nicht wiedereröffnet. Stattdessen entsteht am Irchel ein auf ein Jahr begrenztes Studierendenzentrum, für das sich der VSUZH verantwortlich zeigt. In den ehemaligen Laden an der Schönberggasse am Zentrum ziehen die IT Services der Uni ein. Eine Lösung für eine Druckerei und Papeterie hat die Unileitung nicht präsentiert. Aber die Uni verhandelt mit privaten Druckereien in der Nähe der Uni über attraktive Druck-Konditionen für Studierende.

Schwer enttäuscht

Der VSUZH zeigt sich von den Lösungen «schwer enttäuscht». Er hatte über die letzten Monate hinweg in Absprache mit den verschiedenen studentischen Gruppen von Universitätsangehörigen – unter anderem den Fachvereinen und den Alumni – einen Vorschlag für die Nachfolge der Angebote entwickelt. Diesen Vorschlag reichte der VSUZH bei der Unileitung ein. Er sah unter anderem vor, dass an den Standorten der ehemaligen Studiläden dauerhafte Studierendenzentren hätten eingerichtet werden sollen. Solche Studierendenzentren seien zentral für eine Universität, wie Lukas Buser, Co-Präsident des VSUZH, betont: «Ein Studierendenzentrum bringt den Vorteil mit sich, dass studentische Kräfte wie Fachvereine, Studierendenschaft und Organisationen an einem Ort präsent sind und ihre Aktivitäten darauf konzentrieren können.» Das fördere den Austausch der Studierenden untereinander. «Einen Austausch, wie er auf einem völlig zerstäubten Campus wie es derjenige der Uni Zürich ist, momentan nicht existiert», so Buser. Doch die Universitätsleitung hat diesen Vorschlag abgelehnt.

Falsche Prioritätensetzung

Das stösst Buser sauer auf: «Der Konkurs der ZSUZ war für alle Beteiligten eine einzige Tragödie». Doch sei dieser Konkurs auch eine Chance gewesen auf eine faire Lösung für die Studierenden. Nun aber hat sich Enttäuschung breitgemacht beim VSUZH: «Räumlichkeiten wie die Studiläden, die bis jetzt von den Studierenden verwaltet wurden, werden uns einfach entzogen und zweckentfremdet», so Buser.

Besonders enttäuscht ist der VSUZH über den Entscheid der Unileitung, das IT Service Desk, die sich momentan noch an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät (RWI) befinden, an den Standort des ehemaligen Studiladens am Zentrum umzuquartieren. Die Universitätleitung hat sich damit bewusst gegen das vom VSUZH vorgeschlagene Lernzentrum und für die Verlagerung einer bereits bestehenden Dienstleistung entschieden. Für Lukas Buser ist das die falsche Prioritätensetzung: «Wie notwendig ist es, dass der Informatikdienst der Uni im ehemaligen Studiladen einzieht?», fragt er sich. Für den VSUZH habe die Unileitung eine Entscheidung getroffen, die entgegen die Interessen der Studierenden sei.

Studierende müssen raus

Rektor Michael Hengartner hat Verständnis für die Enttäuschung der Studierendenschaft. «Der Wunsch der Studierenden nach einem Studierendenzentrum ist berechtigt. Ich als Rektor stehe voll und ganz hinter dieser Idee.» Allerdings sei es so, dass an der Universität Zürich an allen Standorten seit Jahren ein Platzproblem bestehe. Deshalb sei der Wunsch nach einem studentischen Zentrum nicht ohne weiteres umzusetzen. Denn der ohnehin schon spärlich vorhandene Platz soll, wenn es nach der Unileitung geht, den Forschenden zugute kommen. Aus diesem Grund ist das Studierendenzentrum am Irchel auf ein Jahr begrenzt. Wenn bis dann eine Lösung auf dem Tisch ist, wem die Forschungsplätze am Irchel zukommen sollen, müssen die Studierenden wieder raus. «Ich will und kann es als Rektor nicht verantworten, dass wir Forschende irgendwo in die Peripherie verbannen müssen, und gleichzeitig der Studierendenschaft Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen, die eigentlich für Forschung und Lehre gebraucht werden», meint Hengartner. Er bestätigt damit Busers Eindruck, dass es der Universitätsleitung darum ging, Prioritäten zu setzen. Und Priorität hat für die Universität offensichtlich mehr die Forschung, weniger der Wunsch der Studierenden nach einem selbstverwalteten Lern- und Austauschort.

Der VSUZH hat sich dazu entschieden, ein Wiedererwägungsgesuch bei der Universitätsleitung zu stellen. Insbesondere den Entscheid, die IT Services zuungunsten eines Studierendenzentrum an die Schönberggasse zu zügeln, möchte er von der Unileitung nochmals überprüft haben. Mit einem neuen Entscheid der Unileitung ist indes frühestens Ende August zu rechnen. Erst dann tagt sie erneut.

Kein Nebenschauplatz

Man könnte die Diskussion rund um das Studierendenzentrum leicht als Nebenschauplatz abtun. Denn spätestens bis 2025 wird auf dem geplanten «Forum UZH» am Wässerwies ein solches zu stehen kommen. Darüber hinaus hätten sich die Räumlichkeiten der ehemaligen Studiläden ohnehin nur bedingt für die Errichtung eines Studierendenzentrums geeignet. Zu klein sind die Räumlichkeiten, um Fachvereine, studentische Organisationen und den VSUZH unter einem Dach beherbegen zu können. Der Platz hätte allenfalls dazu gereicht, einige Lernplätze zu schaffen. Einen mehr oder weniger grossen Aufenthaltsraum einzurichten. Ein solches Studierendenzentrum wäre zwangsläufig immer ein Provisorium geblieben.

Gleichwohl ist der Frust des VSUZH verständlich. Seit seiner Gründung vor genau fünf Jahren setzt er sich für die Errichtung eines solchen Zentrums ein. Und obwohl die Uni immer wieder beteuert, wie ernst sie dieses Anliegen nehme, geschieht nichts. Auch im aktuellsten Fall steht der VSUZH am Schluss mit leeren Händen da. Das notabene in einer Diskussion, in der es um die Weiternutzung ehemals studentischer, momentan leerstehender Räumlichkeiten ging. Dass die Studierenden nun voraussichtlich knapp ein weiteres Jahrzehnt warten müssen – immerhin zwei Generationen Studierender –, bis ihr Wunsch nach einem selbstverwalteten Zentrum in die Tat umgesetzt sein wird, ist jammerschade.

Goodwill verspielt

Die Universität hat schon beim Konkurs der ZSUZ keine gute Falle gemacht. Auch auf mehrmaliges Bitten und Drängen des Stiftungsrats hin war sie nicht bereit, der traditionsreichen Stiftung unter die Arme zu greifen – und sie so vor dem finanziellen Ruin zu bewahren. Nun hat die Uni erneut viel Goodwill bei der Studierendenschaft verspielt. Denn bis auf die Kioske ist für die Studierenden an der Lösung der Unileitung wenig Begrüssenswertes auszumachen. Die freistehenden Räumlichkeiten am Irchel werden zwar den Studenten und Studentinnen übergeben, allerdings nur für ein Jahr. Die Räumlichkeiten am Zentrum nutzt die Universität neu für ihre bereits bestehenden Informatikdienste und übergeht die Studierendenschaft damit erneut; eine neue Druckerei mit Papeterie ist gar nicht erst geplant. Insbesondere das ist schade: Studierende brauchen einen Ort, wo sie zu günstigen Konditionen Arbeiten drucken, Bücher erstehen und sich mit Schreibmaterial eindecken können. Vorderhand müssen sie dazu auf die ETH-Druckerei ausweichen, die im letzten Jahr mehrmals an den Rand ihrer Kapazität gekommen ist. Oder sie müssen private Anbieter berücksichtigen für die gewünschte Dienstleistung – eine oftmals kostspielige Angelegenheit.

Die Kioske kehren an die Uni zurück. Alles, was die Universitätsleitung darüber hinaus entschieden hat, ist aus studentischer Sicht dürftig. Eine Cola können wir Studierenden zukünftig wieder erstehen an der Uni. Ansonsten bleibt die Situation gleich unglücklich, wie sie sich seit dem Konkurs der ZSUZ präsentiert. Die Universitätsleitung hat eine Chance verpasst.

Die ganze Berichterstattung zur ZSUZ und ihrem Konkurs findest du hier.