Dragon-Raumschiff beim Docking mit der ISS. NASA

Abgehobene Forschung an der Universität Zürich

Die Luft- und Raumfahrt treibt Forschung, Technik und Innovation voran wie kaum eine andere Wissenschaft. Forschende an der Universität Zürich sind in diesem Bereich echte Überflieger.

25. Mai 2018

Als Gründungsmitglied der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) ist die Schweiz seit jeher ganz vorne mit dabei, was die Luft- und Raumfahrt angeht. Auch die Universität Zürich mischt mit – insbesondere in den Bereichen Weltraummedizin, Astrophysik und Erdbeobachtung. Forschende an der Universität Zürich berichten von den neusten Innovationen an unserer Hochschule und erzählen, was sich künftig in ihren Gebieten tun wird.

Die Schweiz als Raumfahrtnation

Prof. Michael Schaepman, Prorektor an der Universität Zürich, steht der ESA als beratender Wissenschaftler bei und bestätigt die Vorreiterrolle der Schweiz im Space-Bereich: «Wir haben Technologien, die weltweit einmalig sind». So werden Raketen mit Nutzlastverkleidung, die in der Schweiz produziert werden, ins All geschickt. An der Universität Zürich werden sie jedoch nicht gebaut. Hier denkt man dafür im Bereich der Astrophysik ganz gross - wortwörtlich. Prof. Joachim Stadel hat die grösste Karte des Universums generiert und Prof. Philippe Jetzer ist am LISA Pathfinder-Programm der ESA beteiligt, welches Einsteins Gravitationswellen im Weltraum aufstöbern will.

Obwohl die Schweiz an vielen Projekten der ESA beteiligt ist, beherbergt die Zusammenarbeit noch einige Hürden. So ist die Schweiz momentan auf vielen Europakarten ausgestanzt wie mit einer Guezliform. Denn die Schweiz ist vom Copernicus-Programm für Erdbeobachtung ausgeschlossen. Grund sind fehlende Rahmenbedingung mit der EU. Gerne wäre die Schweiz mit von der Partie: Schaepman hofft, dass diesbezüglich bald Bewegung in die Sache kommt.

Standortvorteil

Auch am Geographischen Institut gehören die Forschungsgruppen zu den Besten. Laut Dr. Felix Morsdorf, der eine dieser Gruppen leitet, liege das an der Grösse der Gruppen und daran, dass diese sich gleich auf drei Anwendungen spezialisieren. «Dadurch können viele Synergien geschaffen werden, die kleinere Fernerkundungsgruppen nicht haben», sagt er.

Die Schweiz habe einen Standortvorteil, weil sie geographisch relativ klein, aber sehr divers sei. Ausserdem helfen die relativ liberalen Gesetzgebungen, besonders bei der Verwendung von Drohnen, die in der Fernerkundung immer wichtiger werden. ‘Wingtra’, eine Spin-Off Firma der ETH, hat ein einzigartiges Gerät entwickelt, das die besten Eigenschaften von Flächenflugzeugen und Multikoptern kombiniert.

Am Geographischen Institut untersuchen Forschende zurzeit vor allem die Veränderung in der Biodiversität. Morsdorf und seine Gruppe führen auf der Lägern eine sogenannte Einzelbaumdetektion durch. Durch die Kombination von Laser- und Spektraltechnologie wird der Wald grossräumig erfasst. Diese Technologie ist vielseitig nutzbar und erleichtert nicht zuletzt den Förstern die Arbeit, denn diese müssen nun nicht mehr mit Bleistift und Papier durch den Wald ziehen, um ihre Bestände zu kartieren.

Traum für Forschende

Oliver Ullrich, Professor für Anatomie an der Universität Zürich, leitet die Initiative ‘Space Hub’. Diese verfolgt das Ziel, im neuen Innovationspark, der neben dem Flugplatz Dübendorf entsteht, möglichst viele Parteien anzusiedeln, die in den Bereichen Luft- und Raumfahrt tätig sind. So soll ein ideales Umfeld für Forschende geschaffen werden.

Der Innovationspark dürfte auch die Schweiz als eine der führenden Nationen in der Space-Technologie stärken: «Man wird Neues wagen und Risiken eingehen», prophezeit Ullrich. «Für einen Forscher gibt es keine bessere Umgebung. Und die Kombination von Innovationspark mit Flugplatz gibt es in der Art und Weise nur in Dübendorf. Das wird ganz klar internationale Ausstrahlung haben».

Ullrich untersucht den Einfluss von Gravitation auf Zellfunktionen. Da seine Experimente sitzen müssen, wenn sie auf der Internationalen Raumstation durchgeführt werden, testet er sie vorgängig im Innovationspark Dübendorf. Die Methode, um die Massenanziehung zu überwinden, ist so simpel wie genial: Ein Flugzeug bewegt sich im Sinkflug mit derselben Geschwindigkeit wie die sich darin befindenden Objekte fallen. So wird die Schwerkraft ausser Kraft gesetzt – es werden Weltraumbedingungen simuliert.

Bessere Zugänglichkeit erwünscht

Die Forscher wünschen sich, dass das Thema Space für die Öffentlichkeit zugänglicher wird. Auch Ullrich hofft, dass die Weltraumtechnologie weniger distanziert betrachtet wird: «Die Raumfahrt wird als etwas Abgehobenes gesehen.», sagt er. Häufig sei zu hören, dass man doch erst einmal alle Dinge auf der Erde in Ordnung bringen solle. «Nur, dass der Verzicht auf Raumfahrt kein einziges Problem auf unserer Erde lösen würde.», sagt er, «Im Gegenteil: Es würde die Menschheit einer ihrer grössten Chancen berauben.»