Kann nie mehr nach Hause zurück: Sophie Louise.

Gesungene Pastelltöne

Sophie Louise macht Popmusik, die mit Folk ebenso flirtet wie mit Jazz. Dank Crowdfunding konnte sie eine EP aufnehmen.

24. Februar 2018

Sie sei nicht Cinderella. Sie schletze Türen und trinke all deinen Wein aus, warnt Sophie Louise singend von der Bühne. Dabei hält sie die Gitarre so hoch, dass das Haselbraun des Korpusholzes fast nahtlos in ihre gleichfarbenen Haare übergeht. Und lässt der Liedtext einen Hauch von Garstigkeit erahnen, dann nur, bis man ihn zum ersten Mal von ihr gehört hat: Sophie Louise hat eine Stimme aus Pastelltönen.

Kein Plan B mehr

Die 24-jährige Studentin lernte singen, kurz nachdem sie gehen konnte. Erst versuchte sie sich in klassischem Gesang, bis sie schliesslich zu ihrem heutigen Stil fand. Diesen zu beschreiben, fällt ihr aber selbst schwer: «Es ist wohl Popmusik. Mit viel Liebe zum Blues, zum Folk und zum Jazz.» Lieber erwähnt sie, dass sie hin und wieder mit Sophie Hunger oder Joan Baez verglichen werde, die beide gleichsam ihre Vorbilder seien. Früher war die Zürcherin meist alleine mit ihrer Gitarre unterwegs, besang Schenken und Kaschemmen rund um Zürich und wollte eigentlich sowieso viel lieber Fussballerin werden.

Heute tritt sie mit ihrer eigenen Band auf, die sie letztes Jahr schon bis ans Gurtenfestival begleitet hat. Untermalt von Gitarre, Bass, Trompete und Schlagzeug will sie nun singen, bis dass es keinen Plan B mehr braucht. Ihre Texte schreibt Sophie Louise meist auf Englisch. «I don’t walk, I tiptoe» beginnt eines ihrer neuen Lieder und beschreibt gleichzeitig das Talent der Zürcherin sinnbildlich. Wie auf Zehenspitzen tippelt ihre Stimme über die begleitende Musik, als wäre sie ein Parkettboden. Zwar ahnt man gelegentlich ein Austreten in ekstatisches Stampfen, doch nur um einige Herzschläge später festzustellen, dass es bloss ein leises Herantasten war, so kitzelnd, dass es auch nach dem Konzert noch in den Beinen juckt.

Geschichten pflanzen

In ihren Liedern erzählt Sophie Louise Geschichten. Sie handeln von Menschen, deren Leben scheinbar sensationslos und unbemerkt an der Welt vorbeiziehen. Es sind kleine Geschichten ohne viel Pomp, die sich niemandem aufdrängen. Erst gesungen beginnen sie zu blühen und wachsen im Bühnenlicht, erlangen die Aufmerksamkeit, die sie eigentlich auch ohne Scheinwerfer verdient hätten.

Die zum Album erschienene Single «Flower Girl» handelt etwa von einem Strassenmusiker, an dessen Lied das Leben einer Zuhörerin beim blossen Vorbeigehen in Trümmer zerschellt, ohne dass er oder irgendjemand anderes es jemals mitbekommen würde.

Das selbst Geschriebene auf der Bühne noch einmal zu durchleben, ist für Sophie Louise das intensivste Gefühl, das sie sich vorstellen kann: «Wenn ich vor dem Konzert noch ein, zwei Bier getrunken habe, wird das noch verstärkt, sodass ich mich hin und wieder selber zurücknehmen muss, um noch richtig singen zu können.»

Neue EP

Dank Crowdfunding und einer Menge Engagement konnte Sophie Louise unlängst mit ihrer Band die neue EP «Now I can never go home anymore» aufnehmen, die seit letzter Woche im Handel ist. Weshalb bloss dieser Titel? Weshalb darf Sophie Louise nicht mehr nach Hause? Wegen dem Türenschletzen wohl kaum. Sophie Louise kann fremde Weingläser leeren, wie sie will. Man würde ihr sogar nachschenken. ◊