500 Franken mehr Studiengebühren an den ETH
Der ETH-Rat möchte im Herbst 2019 die Studiengebühren an den beiden ETH um 500 Franken erhöhen. Der VSETH sieht politische Gründe hinter diesem Entscheid und geht dagegen vor.
Die Studiengebühren an den beiden ETH in Zürich und Lausanne sollen erhöht werden. Das sorgt zurzeit für Unmut bei den Studierenden der Hochschulen. Der ETH-Rat beschloss vergangenes Jahr eine Studiengebührenerhöhung von 500 Franken. Dies mit der Begründung, dass man das Geld für den Ausbau der Lehre benötige. Die Studierendenschaft der ETH Zürich, vertreten durch den VSETH, erklärte daraufhin, dass sie damit nicht einverstanden sei und hat Widerstand angekündigt. Kommenden Frühling soll nun definitiv entschieden werden, ob das Vorhaben des ETH-Rates umgesetzt wird, oder nicht.
Besorgte Studierende
Für die Studierenden ist dies eine besorgniserregende Entwicklung. Es sollen bereits erste E-Mails eingegangen sein, in denen Studis ihre Bedenken äusserten und sich bereits erkundigten, ob man nichts gegen die Erhöhung tun könne, erzählt VSETH Präsident Lukas Reichart. Für ihn ist klar, dass die Studiengebührenerhöhung in keiner Weise im Interesse der Studierenden ist: «Die Erhöhung ist zu marginal, um tatsächliche Fortschritte für die Lehre bewirken zu können. Wir vermuten hinter der Strategie des ETH-Rats politische Motive, denn der Bund macht den Schweizer Hochschulen zunehmend Druck, weshalb sie einen Sparkurs signalisieren müssen, um Kürzungen des Budgets zu vermeiden.» Eine Studiengebührenerhöhung soll nun also die Sparbereitschaft anzeigen. Dass dieses Spiel auf dem Rücken der Studierenden ausgetragen wird, ist nicht zu dulden. Dieser Meinung ist auch Reichart, der sich gemeinsam mit dem VSETH dafür stark macht, dass es nicht so weit kommen wird. So hat die Studierendenschaft der ETH vergangenen Dezember eine Umfrage unter den Studierenden durchgeführt, die verdeutlicht hat: Sie sind klar gegen die Erhöhung der Studiengebühren. Ausserdem hat der VSETH einen 54-Seiten starken Bericht veröffentlicht, der die Auswertung der Umfrage und eine detaillierte Aufzeichnung der Gründe beinhaltet, die verdeutlichen, weshalb die Erhöhung inakzeptabel sei.
Ein Täuschungsmanöver
Die Argumentation des ETH-Rats ist fadenscheinig. In seiner Medienmitteilung erklärt er, dass die Erhöhung nicht nur begründet, sondern auch naheliegend sei. Schliesslich habe die ETH mit 580 Franken pro Semester seit Jahren die tiefsten Studiengebühren der Schweiz. Andere Universitäten, wie auch die Uni Zürich, verlangten deutlich mehr. Weiter heisst es in dem Statement, dass die Studiengebühren in einem sozialverträglichen Rahmen erhöht würden. Studierende, die wegen der höheren Gebühren in finanzielle Schwierigkeiten geraten, könnten Stipendien beantragen. Die beiden ETH bringen exzellent ausgebildete Arbeitskräfte hervor, die durch ihr Studium später zu den Besserverdienenden gehörten. Deshalb könne man durchaus einen solchen finanziellen Beitrag erwarten, lassen die Mitglieder des Rats in der Medienmitteilung vernehmen. Der ETH-Rat bemühe sich nach Kräften, seinen Entscheid ausgewogen und fundiert erscheinen zu lassen. Diese Bemühungen sind jedoch lediglich ein Täuschungsmanöver, denn was der ETH-Rat nicht schreibt, ist, dass die Erhöhung für die Studierenden einige Benachteiligungen mit sich ziehen. Die Erhöhung sozialverträglich zu nennen, ändert nämlich nichts daran, dass dies für viele Studierende eine finanzielle Belastung bedeutet. Das Beantragen eines Stipendiums ist zudem umständlich und langwierig, gerade in der Westschweiz. Ebenso ist das Argument, dass die Studierenden einen Beitrag leisten müssten, um ein solch prestigeträchtiges Studium geniessen zu können, anmassend. ETH-Studis haben 50-Stunden-Wochen. Es ist sicher so, dass vielen Absolventinnen und Absolventen ein gutbezahlter Job winkt. Während des Studiums ist es aber für die Studierenden fast unmöglich, nebenher zu arbeiten, um sich etwas dazu verdienen zu können.
Entscheidungsmachten
Das Studium wird zu einer exklusiven Angelegenheit, einem Privileg, das nur jenen vorbehalten ist, die finanziell abgesichert sind. Genau eine solche Entwicklung lehnt Sarah Springman, die Rektorin der ETH Zürich, ab, wie sie im Interview mit der ZS vergangenes Jahr noch sagte: «Wenn man die Studiengebühren erhöht, läuft man Gefahr, dass sich die Studierenden plötzlich als Kunden fühlen – und das sind sie nicht. Sie sind Studierende. Als Hochschule haben wir die Aufgabe, den Studierenden zu helfen, ihr Wissen und ihre Fertigkeiten zu erweitern.»
Nur ist es nicht an Springman, über solche Dinge zu entscheiden, denn der ETH-Rat und das Rektorat haben klar voneinander getrennte Kompetenzen. Über die Verwendung des zusätzlichen Budgets kann der ETH-Rat hingegen nicht verfügen, auch wenn er behauptet, das Geld für die Lehre einsetzen zu wollen. Dies obliegt nämlich den Hochschulen selbst. Bemerkenswert ist ausserdem, dass der ETH-Rat noch nicht sehr lange über die Entscheidungsmacht verfügt, Gebühren zu erhöhen. Früher waren solche Entscheide Sache des Bundes. In einem grösseren Kontext stellt sich zudem die Frage, was die Abgabe einer solchen Entscheidungsmacht an einen 11-köpfigen Rat, für die (Ent-)Demokratisierung der Hochschulen bedeutet.
Hoffnung auf die Stimme der Mehrheit
«Wir haben dem Rat den Bericht zur Umfrage vorgelegt und lassen uns nicht unterkriegen, weshalb die Hoffnung bestehen bleibt, dass der Entscheid nicht durchkommt», meint Lukas Reichart abschliessend. Der VSETH hat zudem eine Arbeitsgruppe gegründet, die die Mitstudierenden einlädt, sich ebenfalls zu engagieren.
Es ist abzuwarten, wie der ETH-Rat auf die Einwände des VSETH reagiert. Gewinnt die Stimme der Mehrheit, so wird die Erhöhung nicht umgesetzt.