Das offene Ohr der Uni
Die Psychologische Beratungsstelle der Uni hat immer mehr zu tun. Gerade in der Prüfungsphase wird die Stelle rege genutzt.
Ein Studium ist schon was Tolles! Ein vielfältiges Vorlesungsangebot, viele neue Bekanntschaften und, nicht zu vergessen, eine ganze Menge Freizeit und grosszügige Ferien. Doch seien wir jetzt mal ehrlich: Obwohl das alles so schön klingt, hat das Studi-Leben auch durchaus seine Schattenseiten.
Mit steigenden Anforderungen nimmt auch der Leistungsdruck zu. Die Deadlines rücken näher, und das viel schneller als erwartet, die Prüfungsphase ist reiner Horror, und, nicht zu vergessen, unser Privatleben leidet auch oft darunter. Bologna macht es nicht leichter, sich dem Leistungsdruck zu entziehen. Wir sammeln Credits und werden in Noten gemessen. Nicht selten geraten wir dabei ganz schön schnell in Stress.
Wenn der Stress zu viel wird
Doch der Stress bleibt leider nicht immer gleich Stress. In einzelnen Fällen erreicht unser Stressempfinden solche Ausmasse, dass es eine Bedrohung nicht nur für unser psychisches, sondern auch für unser physisches Wohlbefinden darstellt. Zum Glück aber wird man nicht im Stich gelassen. Für solche (Not-)Fälle stehen den Studierenden die Fachpersonen der Psychologischen Beratungsstelle an der Uni Zürich zur Verfügung. Ob es um persönliche oder studienbezogene Probleme geht, die Beratungsstelle bietet professionelle Hilfe und Unterstützung in schwierigen Situationen – und das wird oft genutzt.
Das Angebot der Psychologischen Beratungsstelle steht allen Studierenden und Mitarbeitenden der Universität und ETH Zürich zur Verfügung. In seltenen Fällen berät sie auch nicht-immatrikulierte Personen (wie zum Beispiel Alumni oder Studierende anderer Unis).
Grosse Nachfrage in Prüfungsphase
Wenn man den jährlichen Bericht betrachtet, sprechen die Zahlen Klartext. Die Nachfrage nach psychologischer Beratung wächst stetig und somit steigt auch die Anzahl der Anmeldungen. Im Jahr 2016 haben sich insgesamt 1'100 Personen bei der Beratungsstelle angemeldet, das sind 6,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Obwohl beide Hochschulen in gleichem Masse vertreten sind, gibt es dennoch einzelne Unterschiede. Beispielsweise suchen Frauen die Beratungsstelle häufiger auf als Männer. Besonders bei den Studentinnen und Doktorandinnen der ETH scheint das Angebot gefragt zu sein. Bachelor-Studierende der UZH melden sich häufiger als diejenigen der ETH. Hingegen suchen die ETH-Studis die Psychologische Beratungsstelle häufiger auf, wenn sie ein Masterstudium absolvieren.
Die Kurve der Anmeldungen steigt am höchsten während der Lern- und Prüfungsphase – was wenig überrascht. In knapp 60 Prozent der Fälle reicht jedoch eine einzelne Konsultation aus. Bei den anderen 40 Prozent bedarf es weiterer Abklärungen. In seltenen Fällen ist eine ernste Intervention nötig.
Bologna als Ursache?
Die Psychologische Beratungsstelle bietet aber nicht nur Einzelberatung. Jedes Semester organisieren die Psychologen und Psychologinnen Workshops. Dabei kann man in kleinen Gruppen lernen, wie man am besten mit der Prüfungsangst umgeht oder wie sich private Beziehungen auf den Studienfortschritt auswirken.
Die Zahlen und vor allem das steigende Bedürfnis nach psychologischer Beratung sind irgendwie schon beängstigend. Man kann bei Studierenden immer mehr eine Tendenz zur allgemeinen Überlastung und psychischen Erschöpfung feststellen. Ein möglicher Grund könnte die Umstellung auf das Bachelor/Master-System sein. Wachsen die Anforderungen der Uni und ETH so sehr, dass viele Studierende nicht mehr fähig sind, den Uni-Alltag zu bewältigen? Sind sie dem Leistungsdruck nicht gewachsen? Gut möglich, dass es so ist: Umso wichtiger ist das Angebot der Psychologischen Beratungsstelle der Uni. Es ist gut, zu wissen, dass es sie gibt – auch wenn man insgeheim hofft, sie nie aufsuchen zu müssen. ◊