Nicht alle Aviatikstudierenden heben ab.

Abheben in Winterthur

Der Traum vom Fliegen lebt: Das Aviatik-Studium an der ZHAW ist gefragt. Ein Studium nur für angehende Piloten und Pilotinnen?

4. Dezember 2017

Dröhnende Maschinen, die elegant vom Boden abheben und in einer dezenten Kurve zwischen den Wolken verschwinden. Die Luftfahrt fasziniert Gross und Klein. Seit 2006 gibt es an der ZHAW ein Studium, welches sich genau mit dieser Faszination auseinandersetzt: Aviatik. Jedes Jahr beginnen um die 100 Luftfahrtbegeisterte ihr Studium in Winterthur. Was hat man sich darunter vorzustellen?

Breit gefächert

«Das Aviatikstudium ist primär eine Ingenieursausbildung», sagt Studiengangleiter Christoph Regli. Generell fokussiere man dabei auf den technischen Aspekt. Dazu gehören viel Physik, Mathematik, Informatik und Aerodynamik. Die ersten zwei Jahre sind ziemlich breit gefächert und manche Module erscheinen für eine Ingenieurausbildung überraschend. Was zum Beispiel hat es mit den «Human Factors» oder dem Luftrecht auf sich? Regli: «Unser Ziel ist die Vermittlung eines Gesamtverständnisses.»

Aufeinander abgestimmte Rädchen

Zur Veranschaulichung ein Beispiel: Der Flieger landet, und von nun an läuft die Uhr. In 35 Minuten muss alles erledigt werden, damit man pünktlich wieder abheben kann. Das bedeutet: Die Passagiere steigen aus, und der Flieger wird geputzt. Zur gleichen Zeit wird getankt, falls notwendig das Trinkwasser aufgefüllt. Das Gepäck wird entladen und nahtlos wieder neu geladen. Das Beladungsgewicht wird ausgerechnet und dem Cockpit gemeldet. Schon steigen die neuen Passagiere ein, die Türen werden geschlossen und der Flieger rollt los. Nun kommen noch die Leute der Flugsicherung zum Einsatz, welche den Flugverkehr im Auge behalten, die Startfreigabe durchgeben und so für einen geregelten Ablauf am Himmel sorgen. All diese Rädchen müssen aufeinander abgestimmt sein, um in solch knapper Zeit funktionieren zu können. Schnell können sich da aus verschiedenen menschlichen Faktoren (Müdigkeit, Stress, Missverständnisse) Fehler einschleichen, die in der Luftfahrt verheerende Folgen haben können.

Pilot mit Zusatz

Also ist dieses Studium nun gar nicht unbedingt für angehende Piloten und Pilotinnen geeignet? «Für die Ausbildung zum Linienpiloten ist dieses Studium nicht Pflicht, aber empfehlenswert.» Empfehlenswert deshalb, weil man danach die Möglichkeit habe, auch aus-serhalb des Cockpits eine Arbeit in der Luftfahrt zu finden, etwa wenn man aus körperlichen Gründen nicht mehr fliegen darf. Dafür gibt es die Lizenzausbildung. Voraussetzung ist, dass man im ersten Studienjahr die Eignungsabklärung für die Pilotenausbildung bei der Swiss bestanden hat. Im Jahrgang 2016 haben das gerade mal sieben Leute. Sechs davon sind von der Luftwaffe und einer von Swiss. Dies lässt sich darauf zurückführen, dass die Selektionsverfahren nicht gerade einfach zu bestehen sind. Und der Aufwand, welcher hinter der Lizenzausbildung steckt, ist auch nicht zu unterschätzen.

Aber vielleicht braucht es Pilotinnen und Piloten in Zukunft gar nicht mehr. Oder zumindest nicht mehr in derselben Art wie heute. An der ZHAW beschäftigt man sich immer mehr mit der Zukunft der Luftfahrt: den Drohnen. Auch wenn sie in der näheren Zukunft wahrscheinlich noch nicht für den Personentransport eingesetzt werden können, häufiger sehen werden wir sie trotzdem. Und genügend Forschende wird es weiterhin geben. Denn: «Der Begriff Aviatik fasziniert einfach.» ◊