Dicker Schmöker, doch für viele noch nicht angestaubt: Sigmund Freud.

Die Couch hat noch nicht ausgedient

Das «Studentische Forum für Psychoanalyse» wünscht sich mehr Anerkennung für die Therapieform, die in Zürich Tradition hat.

3. November 2017

Zürich war bereits früh eine Hochburg der Psychoanalyse und wird zum Teil sogar als erster Aussenposten dieser damals revolutionären Therapiemethode angesehen. Für Sigmund Freud, der sie an der Schwelle vom 19. zum 20. Jahrhundert entwickelt hat, erwies sich der Burghölzli-Arzt C.G. Jung als wichtiger Verbündeter. Als sich die beiden nach Jahren der Zusammenarbeit und Freundschaft 1912 zerstritten, war die Psychoanalyse schon längst angekommen. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wies Zürich angeblich die weltweit höchste Dichte an Psychoanalytikerinnen und -analytikern auf, und noch heute existieren hier mit dem «Freud Institut Zürich» (FIZ) und dem «Psychoanalytischen Seminar» zwei Ausbildungsstätten für diese.

Kein Raum mehr für Psychoanalyse

Hinzu kommen noch vereinzelte Seminare, die sich mit der Thematik auseinandersetzen. Einen Lehrstuhl für Psychoanalyse gibt es an der Universität Zürich seit 2013 aber nicht mehr. «Das Schweizerische Forum für Psychoanalayse (SFPa) ist nicht als direkte Reaktion darauf entstanden. Wir wurden aber schon dadurch beeinflusst, dass es hier keinen Raum mehr gab für jene, die sich mit Psychoanalyse beschäftigen wollen», erklärt Vorstandsmitglied Jana Häberlin, die Psychologie im Master studiert und 2015 an der Gründung beteiligt war.

«Schönes Konzept»

Doch warum überhaupt Psychoanalyse betreiben? «Es gibt viel Forschung, wie verschiedene Therapieformen bei psychischen Erkrankungen wirken, und da hat sich gezeigt, dass die Psychoanalyse langfristig genauso gut wirkt wie sogenannt moderne Verhaltenstherapien», sagt Daniel Skoda, ebenfalls Vorstandsmitglied und Psychologiestudent. Für Häberlin ist insbesondere die Ursachenfindung wichtig. Es gehe nicht um die Symptombekämpfung, also um das Abtrainieren unangenehmer Verhaltensweisen, sondern in erster Linie darum, die eigenen verdrängten Konflikte zu identifizieren und sich diesen zu stellen. «Bei der Psychoanalyse werden für mich wichtige Elemente wie das Unbewusste berücksichtigt», so Häberlin. Skoda ergänzt: «Es handelt sich ausserdem um eine non-direktive Therapieform im Vergleich zu anderen Methoden. Das heisst, der Therapierende gibt überhaupt keine Anweisungen und es wird auch nicht moralisch geurteilt.» Das halte er für ein schönes Konzept.

Kein Geist ohne Materie

Das SFPa veranstaltet während des Semesters diverse Aktivitäten: Regelmässig werden Vorträge in Zusammenarbeit mit dem FIZ, dem Lacan-Seminar oder anderen Instituten angeboten. Es sei ihnen aber wichtig, sich nicht von diesen abhängig zu machen, denn: «Wir sind ein eigenständiger Verein», so Häberlin. Zusätzlich gibt es eine Lese- sowie eine Traumdeutungsgruppe, die sich je einmal pro Woche treffen. Geleitet werden beide von Daniel Skoda, der sich gegen die Ansicht wehrt, dies habe irgendetwas mit Esoterik zu tun: «Auf dieser Ebene bin ich Materialist. Ich glaube nicht, dass Geist ohne Materie existiert. Die Psyche basiert für mich auf dem Gehirn.» Träume würden aber auf jeden Fall durch unser Unbewusstes geformt und seien nicht nur zufällige Hirnzuckungen, betont er. Letzteres sei lange die vorherrschende Meinung in der Psychologie gewesen, doch neue Forschungsergebnisse sprächen dagegen. Die Psychoanalyse und die ihr zugrunde liegenden Konzepte kämpften zwar um ihr Image, für Häberlin und Skoda ist aber klar: «Die Couch hat noch lange nicht ausgedient.» ◊