Tänzer

Alles für den Tanz

Eine Tanzausbildung ist nicht so traumhaft, wie man sich das vielleicht vorstellt. Zu Besuch bei der Tanz Akademie Zürich.

21. September 2017

Im 7. Stock des Campus-Gebäudes auf dem Toni-Areal wird getanzt. In den lichtdurchfluteten Studios der Tanz Akademie Zürich (taZ) werden junge Frauen und Männer zu professionellen Tänzerinnen und Tänzern ausgebildet. Im Vergleich zu den anderen Departementen wirkt hier alles etwas grosszügiger und vor allem ruhiger. Doch wenn Ballett zum Beruf werden soll, braucht es bedeutend mehr als abgehobene Träume in schönen Studios: Der Unterricht ist eine ernste Angelegenheit, die Lehrerschaft beobachtet strengen Blickes die Übungen der Schülerinnen und Schüler.

Keine Zeit für Freunde

Vasco Ventura darf seine Stunde für das Interview etwas früher verlassen, der Zeitplan ist gedrängt. Realitätsfremd finden sich die Schüler deswegen aber nicht. «Natürlich ist es schwer, immer alles für den Tanz geben zu müssen. Unsere Tage sind lang, und auf vieles müssen wir verzichten», sagt Vasco. Eine ähnliche Erfahrung hat auch Riccardo Mambelli gemacht. Freundschaften ausserhalb der Ballettszene zu schliessen, sei zeitlich schwierig. «Ich habe zwar gute Freunde, die nicht Tänzer sind, diese Freundschaften stammen aber praktisch alle aus meiner Primarschulzeit», sagt der gebürtige Italiener, der seine Ausbildung zum Bühnentänzer dieses Jahr abgeschlossen hat und jetzt in der Kompanie des Balletts Zürich tanzt.

Aber nicht nur das Sozialleben, auch der Körper leidet unter der intensiven Belastung durch die Tanzausbildung. Eine medizinische Begleitung ist während der ganzen Ausbildung notwendig, um die Körper der jungen Tanztalente vor irreversiblen Schäden zu bewahren. Dazu gehören auch eine kontrollierte Ernährung und Unterrichtstunden, welche das dafür notwendige Wissen vermitteln. Denn nur ein schlanker und belastbarer Körper eignet sich für eine professionelle Tanzkarriere. «Wir brauchen die Energie. Fehlt sie uns, können wir auf Dauer nicht mehr tanzen», so Vasco.

Dank Leidenschaft und Betreuung

Wie halten Auszubildende an der taZ dieser Belastung stand? Alle drei sind sich einig: Das geht bloss, wenn das Tanzen nicht nur ein Hobby, sondern Passion ist. Zudem sind sie mit der Betreuung an der taZ äusserst zufrieden. Milena Crameri, die aus dem Kanton Graubünden stammt, war zuvor einige Zeit an einer Mailänder Ballettschule: «Ich bin in Zürich glücklicher. Das System ist anders und, meiner Meinung nach, besser. Auch die Stimmung unter uns Schülern ist gut.» So gut, dass die Schülerin nicht einmal von Konkurrenzkampf etwas wissen will: «Ab und zu gibt es vielleicht Reibereien, ansonsten kommen wir alle gut miteinander aus.» Ihr Kollege Vasco wirft ein: «Schliesslich sitzen wir alle im selben Boot.»

Gute Perspektiven?

Es scheint den dreien gleichgültig zu sein, dass ihre Mühen nicht mit gesichterten Lebensumständen oder gar hohen Gehältern belohnt werden. Eine gewisse Sicherheit bietet das Studium, wie die Tanzausbildung an der taZ bezeichnet wird, dennoch: Die Ausbildung ist formal als Lehre organisiert, die mit einem Eidgenössischen Fähigkeitszeugnis in klassischem Tanz abgeschlossen wird. Tanzausbildung als Lehre, das gibt es erst seit 2009. Zudem sei es äusserst selten, dass jemand keine Anstellung findet. Der Alltag verändert sich nach Abschluss der Ausbildung drastisch. So hat Riccardo einiges an Freizeit dazugewonnen, da er in der Zeit zwischen den Proben nicht mehr die Schulbank drücken muss. Auch sein Körper hat damals auf Grund des intensiveren Trainings mehr gelitten. Schliesslich soll man bei Erhalt des Zertifikats den klassischen Tanz uneingeschränkt beherrschen. Dennoch möchte er die Zeit an der taZ nicht missen.

Dass eine Tanzkarriere von beschränkter Dauer ist, spielt für die drei aktuell keine Rolle. Denn so weit in die Zukunft denken sie noch gar nicht. Dafür freuen sie sich auf die Zeit, die ihnen in Kürze nach ihrem Abschluss bevorsteht: «Dann sind wir hoffentlich in der ganzen Welt verstreut und tanzen in den verschiedensten Kompanien«, so Vasco. ◊

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